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ZEITEN

SCHREITER

MENSCH

Größe: 1,6 m – 1,7 m

Alter: 78 – 83 Jahre

Heimatplanet: Erde – Sol-System

Kategorie: Säugetier

Unterkategorie: Primat

Lieutenantin Iuna Jensen

Mensch

ausgebildete Kampfpilotin

geb. 7. Mai 2827

auf der SSC Meridia

Datenpad Iuna.png
Datenpad Ruiz.png

Kommandeur Elias Ruiz

Mensch

ausgebildetet Tech-Spezialist

geb. 11. September 2817

auf der Amaterasu

Datenpad Haghazz.png
Datenpad Adur.png

Lehrender Kaleec Szimas

Haghazz

Lehrender der Klangschrift

geb. 9.714.06.16

Gliess Alpha

Oberhaupt Naarad Rantanen

Haghazz

Oberhaupt der NVS Virsait

geb. 8.982.17.23

Adur - Novalic-System

HAGHAZZ

Größe: 2 m – 2,3 m

Alter: 1.500 – 3.000 Jahre

Heimatplanet: Adur– Novalic-System

Kategorie: Amphibien

Unterkategorie: Anura

Bemerkung: Schießen ohne Vorwarnung

Datenpad Mogva.png
Datenpad Schlacht.png

MOGVA

Größe: 1,8 m – 2,1 m

Alter: 150 – 190 Jahre

Heimatplanet: Warva– Vamlon-System

Kategorie: Säugetier

Unterkategorie: Carnivora

Bemerkung: haben Menschen zum Fressen gern

Datenpad Zerstörer.png
Datenpad Zerstörer Schiff.png

ZERSTÖRER

Größe: 2,5 m

Alter: unbekannt

Heimatplanet: unbekannt

Kategorie: unbekannt

Unterkategorie: unbekannt

Bemerkung: lieber Tod, als sich von ihnen gefangen nehmen lassen

#Charakterofseptember 2022

 

30 Fragen an meine Protagnisten

Iuna und Kaleec

 

 

1. Bitte stell dich vor:

 

Wow, so unvorbereitet stolpere ich sonst nie in eine Challenge. Ich bin also etwas überfordert, als meine beiden Charaktere auf meinem Sofa sitzen und mich erwartungsvoll ansehen. Mann, bin ich froh um die Fragen.

„Schön, dass ihr beide da seid!“, flöte ich schließlich und Iuna grinst.

„Wurde aber auch Zeit. Du beachtest uns seit 3 Jahren nicht mehr!“

„Ich weiß. Tut mir leid. Wie wäre es, wenn du anfängst?“
„Ok. Ich bin Iuna ohne Nachnamen, weil du bei dem immer noch nicht sicher bist.“

„Ja, das stimmt. Den habe ich einige Male gewechselt und keiner hat mir so richtig gefallen.“

„Naja …“ Iuna seufzt. „Ich bin ein Mensch, 32 Standartjahre alt und hoffe, dass du dir immerhin bei meinem Alter sicher bist.“

„Ich bin mir sicher. Mach weiter.“

„Mit 14 bin ich in die Fußstapfen meiner Mutter getreten und bin Raumpilotin geworden. Nach einem Zwischenfall kann ich keinen Jäger mehr fliegen. Ich bekomme in dem kleinen Cockpit Panikattacken. Deswegen fliege ich nur noch unser Shuttle bei Außenmissionen. Es ist nicht das Gleiche, aber es sind mehr Leute und mehr Platz um mich herum.“

„Ich danke dir. Kaleec, du darfst.“

„Hallo. Ich freue mich hier sein zu dürfen. Ich bin Lehrender Kaleec Szimas, bin studierter Xeno-Linguist und Philologe, spreche 18 Sprachen fließend und rund ein Dutzend Dialekte recht holprig. Ich bin ein Haghazz und gehöre damit zu einer der ältesten raumfahrenden Spezies unserer Galaxie. Mein Alter beträgt 565 Standartjahre.“

 

 

2. Wie und wo bist du aufgewachsen?

In was für einer Umgebung bzw. Wohngegend hast du gelebt?

 

„Iuna darf anfangen“, entscheide ich und Kaleec nickt sein typisches Haghazz-Nicken, nämlich zur Seite. Sieht ulkig aus, wenn man es nicht gewohnt ist.

„Ich bin auf einem Schiff aufgewachsen“, beginnt Iuna. „Mein Geburtsschiff heißt SSC Meridia. Es ist ein alter Frachter, mit rostigen Wänden und undichten Leitungen. Wenn die Luftfilter nicht richtig arbeiten, ist es normal, dass das Kondenswasser von der Decke tropft und Kurzschlüsse verursacht. Ich bin in die Schule gegangen, war von meiner kleinen Schwester genervt und habe anstatt Hausaufgaben zu machen viel Zeit mit meinem Vater in der Kombüse verbracht. Mein bester Freund hieß Janez. Er war der Sohn des Captains. Er musste Hausaufgaben machen und hatte immer super Noten. Ich habe öfters von ihm abgeschrieben.

Alle Kinder waren nachmittags im Hangar und haben in einem alten Schiffswrack gespielt. Wir wussten, dass es ein Shuttle der Zerstörer war. Aber es war nutzlos, kaputt und ausgeschlachtet. Im Grunde war nur noch das Gerippe übrig, aber es war ein toller Spielplatz für uns. Wir haben Raumschlachten geschlagen und jeden Tag den Krieg gewonnen. Wenn es nur so einfach wäre …“

„Kaleec, du darfst“, fordere ich ihn auf.

„Ich bin für einen Haghazz sehr untypisch aufgewachsen. Meine Mutter war Soziologin und mein Vater war Gelehrter der Anthropologie. Kurz gesagt, sie haben unter den Menschen und wie die Menschen gelebt. Sie haben die Menschen studiert. Für sie lag es wohl nahe, dass sie nur ein Kind bekommen. In den Augen der Haghazz war es eine geradezu verwerfliche Entscheidung. Ich kannte es nicht anders. Ich kenne nur die mitleidigen Blicke anderer Haghazz, wenn ich diese Tatsache erwähne. Haghazz haben üblicherweise sehr viele Geschwister. Ich bin in einen menschlichen Kindergarten gegangen und in eine menschliche Schule. Es hat einige Jahrzehnte gedauert, bis ich überhaupt verstanden habe, dass ich kein Mensch bin. Ich habe sehr viel länger für alles gebraucht. Das liegt leider in der Natur eines Haghazz. Dafür sind wir langlebiger. Aber mittlerweile ist meine Aufnahmefähigkeit schneller, als die vieler anderer meiner Art. Ich musste schließlich mit den Menschen mithalten. Einmal habe ich sogar eine Klasse in einem Jahr abgeschlossen. Ich habe nichts anders mehr gemacht, als zu lernen, aber ich habe es geschafft. Leider war es für mich unmöglich dieses Tempo beizubehalten.“

„Erzählst du uns noch, wo du aufgewachsen bist?“

„In einer menschlichen Kolonie namens Gliese Alpha. Es war dort fast wie auf der Erde, vielleicht sogar besser. Blauer Himmel, weites, unberührtes Land, bunte Bäume und grüne Wiesen. Die Luft roch im Herbst nach Zimt. Es wurde von einer Blume dort abgesondert. Ganz in der Nähe unseres Hauses gab es einen See. Dort war ich am liebsten.“

„Im Wasser?“, hake ich nach.

„Natürlich. Bedenkt man, dass ich den See in den ersten Jahrzehnten meines Lebens nicht verlassen konnte, habe ich dort die meiste Zeit verbracht. Die Bindung zu meinen Eltern war ungewöhnlich stark. Auch das ist unüblich für Haghazz, aber ich habe es sehr genossen.“

 

 

3. Für was konntest du dich als Kind so richtig begeistern?

 

„Musik!“, grinst Iuna. „Ich habe immer und überall gesungen. Das mache ich heute auch noch. Ich wäre gerne ein Popstar wie aus den alten Filmen geworden.“

„Du wärst sicher eine von den ganz Großen“, pflichtet Kaleec ihr bei und ich nicke enthusiastisch.

„Immerhin füllst du in regelmäßigen Abständen die Messe auf der SSC Ameda Star mit deinen Konzerten. Du solltest einmal auf Toure durch die Schiffe gehen“, schlage ich vor und Iuna wird tatsächlich etwas verlegen. Sie versucht sich die wilden, krausen Locken hinter ein Ohr zu schieben und winkt dann ab.

„So gut bin ich nicht.“

„Oh, ich denke schon“, widerspreche ich. Ihre Stimme kann sich durchaus mit der von Alicia Keys messen. Kennt ihr nicht? Das wäre sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=J91ti_MpdHA ❤️❤️

„Also, Kaleec, was hat dich als Kind so begeistert?“, will ich wissen und wende mich an den Haghazz.

„Oh … ich fürchte, das waren die Menschen und daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich fühle mich ihnen und ihrer Kultur weitaus näher, als meiner eigenen. Als ich Gliese Alpha verlassen habe, wollte ich weder von meinen Eltern, noch von den Menschen etwas wissen. Ich war wütend und verletzt, als ich verstanden habe, welche weitreichenden Folgen die Entscheidungen meiner Eltern für mich hatten. Ich bin durch die Galaxie gereist, habe verschiedene Spezies, ihre Kulturen und ihre Sprachen kennengelernt. Aber am Ende bin ich auf der Erde gelandet. Nur dort habe ich mich wirklich Zuhause gefühlt.“

 

4. An welche Ereignisse in deiner Kindheit

erinnerst du dich ganz besonders?

„Da gibt es so einige“, beginnt Iuna. „Vor allem nicht so schöne Ereignisse. Vielleicht sollte ich vorab noch einiges erwähnen. Die Schiffe, auf denen wir leben, sind alt. Manche von ihnen sind mehrere hundert Jahre alt. Also viel länger, als sie ursprünglich in Betrieb sein sollten. Aber es gibt keine bewohnbare Welt mehr. Sie wurden alle von den Zerstörern vernichtet. Stattdessen erschaffen sie neue Welten nach ihren Bedingungen. Sie siedeln dort Menschen an wie Schafe. Die können nicht einmal lese, noch wissen sie, was sie überhaupt sind. Die Zerstörer versuchen alles auszulöschen, nicht nur uns, sondern auch die Erinnerung an uns.“

„Soweit mir bekannt ist“, schaltet Kaleec sich ein, „haben sie das mit jeder Spezies getan. Es gibt keine Heimatwelten mehr, keine Kolonien, keine Raumbasen oder Außenstationen. Nur noch die Schiffe die sich bis jetzt vor ihnen verstecken konnten. Und es werden immer weniger.“

„Von daher“, fährt Iuna fort, „wundert es sicher niemanden, dass es uns an allem fehlt. Ersatzteile, Medikamente, Nahrung. Meine Schwester hatte Diabetes. Ich habe es nachgelesen. Es ist eine Krankheit, die auf der Erde behandelbar war, aber auf den Schiffen … Sie war 9 Jahre alt und besaß kein wichtiges Wissen, sie war kein Ingenieur oder Arzt. Sie war entbehrlich, also haben sie sie nicht behandelt. Es gibt jeden Monat den Sternentag. An dem Tag gehen die Leute in die Luftschleuse, die todkrank sind oder zu alt. Viele wollen die wenigen Medikamente nicht verbrauchen oder eine Belastung für die Gesellschaft sein. Sadira war noch so jung, aber sie ging selbstbewusst in die Schleuse und ist den Sternen begegnet.“

„Sich an die traurigen Dinge zu erinnern gehört wohl zum Leben dazu“, beginnt Kaleec. „Das ist etwas, was bei vielen Spezies gleich ist. Sie lieben und leiden und vergessen nicht. Das eint uns alle. Ein besonderes Ereignis? Ich denke, mein Schulfreund war ein solches Ereignis. Ich war immer noch so jung, aber uns beide verband schnell eine enge Freundschaft, die auch blieb, als er die Klassen wechselte. Wir spielten miteinander, wir lachten, wir lernten und feierten zusammen. Später gab er mir Nachhilfe, während er schon seine Ausbildung machte. Er stellte mir seine erste Freundin vor, seine zukünftige Frau, seine Kinder, seine Enkelkinder. Als er starb, war ich nicht erwachsen, nicht annähernd. Aber es hat mich so sehr erschüttert mit der Sterblichkeit konfrontiert zu werden, dass ich Gliese Alpha verlassen habe. Ich habe den Grund dafür gesucht, warum Menschen so kurzlebig sind, warum überhaupt jemand je sterben muss. Ich war wütend auf meine Eltern und auf Quentin und auf mich und irgendwie auf das Leben selbst. Das Ergebnis meiner Suche war die Erkenntnis, dass es ohne ein Ende keinen Anfang gibt. Und je kürzer die Lebensspanne ist, desto intensiver wird sie gelebt. Die Menschen sind für mich der Inbegriff von Leben.“

 

 

5. Erinnerst du dich an besondere Traditionen in deiner Familie?

Kannst du dich vielleicht noch an Geschichten erinnern, die dir als Kind erzählt wurden?

 

„Ohje“, Iuna zieht eine Grimasse. „Da gab es auf der Meridia den alten Magnuson. Er hat uns immer alles Mögliche an Geschichten erzählt. Gruselige Geschichten und fantastische Geschichten. Leider war er selten nüchtern. Also keine Ahnung, was von seinen Geschichten nun wahr war oder nicht. Aber bei einer Geschichte bin ich mir mittlerweile ganz sicher. Das mit den schrillen Schreien und dem gelben Licht, die einen nach Hause bringen. Ich finde beides in der Dunkelheit. Ich muss nur darauf zugehen.“

„Zu dem Zeitpunkt bist du auf einem Schiff der Zerstörer“, ergänze ich und Iuna nickt.

„Dunkel ist es dort überfall.“ Kaleec pfeift leise, ein typisches Haghazz-Seufzen. „Meine Eltern waren eher faktenorientiert, aber ich habe viele Geschichten in der Schule gelesen. An die Märchen kann ich mich noch ganz gut erinnern. An die Prinzessinnen und Prinzen und jede Geschichte hatte eine andere Moral. Nicht alles davon ergab für mich Sinn. Das mit den langen Haaren oder den goldenen Haaren oder den Haaren die zu Gold gesponnen wurden … Schwierig, wenn man selbst keine Haare hat und nie haben wird. Dafür fand ich sie an Menschen immer schon interessant. Besonders Iunas ungebändigte Locken. Jede von ihnen kräuselt sich anders. Jede von ihnen ist perfekt. Sie sind so schön.“

Ich bin mir sicher, Iunas Wangen werden etwas dunkler.

 

 

6. Gab es zu Hause besondere Gegenstände, an die du dich noch erinnerst?

 

„Meine Schwester“, beginnt Iuna, „und ich hatten eine Haarbürste zusammen. Von meinem Vater bekam ich einen seiner Pullover als ich krank war. Ich lag mit Fieber im Bett und fror schrecklich. Er hat ihn mir angezogen und wollte ihn nie zurück. Meine Mutter hat mir zum 3. Geburtstag eine Puppe geschenkt. Sie war selbstgenäht. Das aufgemalte Gesicht ist ein wenig schief und mittlerweile ist sie ziemlich abgenutzt, aber ich liebe sie. Ich habe alles heute noch und hüte es wie einen Schatz. Ansonsten besitzt niemand sehr viel. Alles ist Gemeingut. Selbst die Dinge, die meiner Schwester gehört haben, wurden verteilt.“

„Was ist mit dir Kaleec?“, hake ich nach.

„Wir hatten viele Dinge, die üblich für die Menschen waren. Wir hatten sogar einen Rasierer. Ich frage mich heute noch, warum meine Eltern den hatten – oder für was sie ihn benutzt haben. Denn sie haben ihn benutzt.“ Er grinst breit. „Meine Eltern haben nur eine Ausnahme gemacht. Wir hatten einen Gneshy. Es sind keine Dinge, sondern Haustiere. Er war in meiner Kindheit das einzig wichtige. Er hieß Kedven. Gneshy sind typische Haustiere der Haghazz. Diese kleinen, quirligen Fellknäule ähneln mit ihrer Art ein wenig den Menschen.

Sie werden gut 250 Jahre alt. Während die Menschen für mich zuerst nicht greifbar und später so schnelllebig waren, war Kedven für mich eine Konstante. Er hat mich schon begleitet, als ich das Wasser noch nicht verlassen konnte.“

 

 

7. Was hast du von deinen Eltern gelernt?

 

„Von meinem Vater habe ich gelernt, jeden Tag zu genießen und von meiner Mutter, nicht aufzugeben. Niemals.“

„Das ist großartig, Iuna. Ich werfe viel zu schnell das Handtuch“, gestehe ich ein. „Was ist mit dir Kaleec.“

„Von meinen Eltern habe ich gelernt, dass es in Ordnung ist unkonventionell zu leben, wenn es einen glücklich macht.“

 

 

8. Was vermisst du daran, ein Kind zu sein?

 

„Als Kind ist man immer sorgloser. Das vergeht mit dem Älterwerden. Das vermisse ich tatsächlich etwas“, gesteht Iuna.

„Ich kam mir als Kind unzulänglich vor“, beginnt Kaleec. „Ich habe langsam gelernt, bin langsam gewachsen und war in sämtlichen Sportarten der Menschen absolut schlecht. Aber die Menschen haben mir die Möglichkeit gegeben, meinen eigenen Weg zu gehen. Egal welchen. Niemand hätte mir dreingeredet. Nicht meine Eltern – weil sie nicht einmal auf die Idee gekommen wären – noch ein einziger Mensch. Seinen Weg zu gehen, eigene Entscheidungen zu treffen, das ist etwas was die Jungen nie tun. Die Geschwister haben nur einander. Sie entscheiden alles gemeinsam, kollektiv. Sie haben kaum Möglichkeiten sich individuell zu entfalten. Mag es gut oder schlecht sein. Jeder Haghazz lernt sich seinen Geschwistern, seiner Familie und seinem Volk anzupassen. So tolerant die meisten Haghazz gegenüber anderen Spezies sind, so streng sind sie ihrem eigenen Volk gegenüber. Niemand schärt aus, niemand eckt an. Die Menschen dagegen legen Wert auf ihre Individualität. Sie sind dem Anderssein toleranter gegenüber.“

„Findest du?“, hake ich nach. „Im Moment denke ich, sind die Menschen eher das Gegenteil von Tolerant.“

„Dann hast du noch nie einen Haghazz kennengelernt“, lacht Kaleec.

„Du bist ein Haghazz“, grinst Iuna.

„Nein, bin ich nicht. Ich bin ein Haghazz, der unter Menschen aufgewachsen ist. Ich passe nirgends richtig rein. Weder zu den Haghazz, noch zu den Menschen. Aber als Kind dachte ich eine Weile lang, ich bin ein Mensch. Diese Zugehörigkeit - und mag sie nur eingebildet gewesen sein - vermisse ich am meisten.“

 

 

9. Wie hast du zu deinem Beruf gefunden?

Welchen Beruf würdest du heute ausüben,

wenn du noch einmal neu anfangen könntest?

 

„Wenn man keine Angst vor dem Nichts dort draußen hat und die Sterne sehen will, wird man entweder Pilotin und Captain“, lächelt Iuna. „Will man Captain werden, dauert es lang und ich bin manchmal etwas ungeduldig. Bei uns gibt es Eignungstestes, die sind wichtiger als Schulnoten. Ich hatte Talent fürs Fliegen und ich wollte Pilotin werden. Allein schon um meiner Mutter nachzueifern. Aber ich war auch neugierig auf dort draußen. Allein auf Erkundungsflüge zu sein, vielleicht in einen Kampf verwickelt werden. Das klang nach einem Abenteuer. War es auch die meiste Zeit. Ich liebe es zu fliegen. Aber unter anderen Umständen, wenn ich die Wahl hätte, wäre ich gerne Sängerin geworden. Das war früher mal ein Beruf, richtig?“
„Stimmt“, nicke ich zustimmend.

„Bei uns ist das nur ein Hobby. Ich kann auch gar nicht glauben, das Kaleecs Beruf daraus besteht, Sprachen zu lernen.“ Iuna grinst breit.

„Es gab aber auch Linguisten bei den Menschen“, wirft Kaleec ein.

„Das kann schon sein, aber jetzt sind sie nutzlos. Das meine ich nicht böse, aber es ist wichtiger zu wissen, wie man eine geplatzte Leitung repariert oder den Sauerstofffilter wechselt, als sowas.“

Der Haghazz summt nachdenklich.

„Was ist mit dir Kaleec? Wolltest du schon immer Linguist werden?“, hake ich nach.
„Nein, garantiert nicht. Ich wollte alles Mögliche werden. Koch oder Schwimmlehrer, weil Menschen nicht von Anfang an schwimmen können. Das fand ich eine ganze Weile lang einen sehr sinnvollen Beruf. Ich habe sogar einigen Kindern Schwimmunterricht gegeben. Nachdem ich Gliese Alpha verlassen haben, war ich auf Adur. Der Ort an dem alle Haghazz entstehen. Ich war eine ganze Weile dort, bin mit den Jungen geschwommen und habe den Alten zugehört. Dort habe ich dann zum ersten Mal festgestellt, dass ich auch nicht richtig zu den Haghazz gehöre. Also bin ich weiter gereist. Ich war auf den Monden von X´alla und lebte unter den K´dani, besuchte Vega Deltiri und haben viel von den Henshah gelernt. War auf Jakuta bei den Ashey oder lebte jahrelang auf einer entlegenen Kolonie der Mogva. Ich wollte jede Kultur verstehen und der Schlüssel dazu war die Sprache. Es ergab sich einfach so, ich liebe es und ich bin sehr gut darin. Rückblickend wäre es vielleicht besser gewesen im militärischen Bereich zu lernen. Hätte ich noch einmal die Wahl, würde ich genau den gleichen Beruf erlernen.“

 

 

10. Bist du noch mit Personen aus deiner Kindheit befreundet?

Oder anders gefragt: Wie lange und woher kennst du deine besten Freunde?

 

„Meine besten Freunde waren Janez und Maribel“, beginnt Iuna. „Ich kenne beide, weil wir zusammen auf der SSC Meridian aufgewachsen sind und bin mit ihnen befreundet, seit ich mich erinnern kann. Janze ist mir auf die SSC Ameda Star gefolgt. Auch wenn es unter seinem Potential war und weit unter den Erwartungen seines Vaters, war er mein Mechaniker. Er hat meinen Jäger gehegt und gepflegt. Es war das zuverlässigste Schiff überhaupt. Janze war eigentlich Ingenieur und wurde vermutlich durch zureden seines Vaters mehreren Außenmissionen zugeteilt, bei denen ein Ingenieur gebraucht wurde. Es gibt alte Bergbaukolonien oder Raffinerien auf Monden oder großen Asteroiden, die oft nur inaktiv aber manchmal auch defekt sind. Aber wir brauchen Edelmetalle oder Wasser. Um sowas kümmert sich das Außenteam. Von einem dieser Einsätze kam Janez nicht mehr zurück. Die Zerstörer hatten das Shuttle aufgespürt. Wir wussten nur, dass alle fort waren. Jeden den die Zerstörer holen sind für uns tot. Das war vor zwei Jahren.

Maribel ist auf die Elysium gewechselt. Sie hatte immer schon einen grünen Daumen und kümmert sich dort um die Plantagen und Hydroponischen Gärten. Wir reden fast jeden Tag miteinander, obwohl wir uns schon seit Jahren nicht mehr gesehen haben.“

„Was ist mit dir Kaleec?“, will ich wissen.

„Mein bester Freund war Quentin, aber weil er ein Mensch war, ist er schon lange tot. Ich habe aber immer noch Kontakt zu seiner Familie. Auch wenn sie schon längst nicht mehr wissen, wieso sich ein Haghazz alle paar Jahrzehnte bei ihnen meldet. Vermutlich will ich mich nur davon überzeugen, dass Quentin ihn ihnen weiter lebt. Ansonsten hatte ich nach meinem Aufbruch von Gliese Alpha so meine Probleme mit dem Freundschaften schließen. Ich habe mich auf jedem Planeten oder Mond mit einigen der jeweiligen Spezies angefreundet, habe sie aber nie wirklich aufrechterhalten. Erst als ich auf der Erde war, bin ich einer Haghazz begegnet, die auch nie so richtig irgendwo hinein gepasst hat. Ich war schon erwachsen und wenn die Zerstörer nicht gewesen wären … Aber das ist eine andere Geschichte.“

 

 

11. Wer steht dir in deinem Leben nahe?

Mit wem sprichst du über Probleme?

 

„Wenn ich emotionalen Zuspruch brauche, dann heule ich Maribel die Ohren voll.“ Iuna zuckt entschuldigend mit den Schultern. „Ansonsten ist das Außenteam wie eine kleine Familie. Damjan hört zu. Er ist unser Mechaniker und hält das Shuttle am Laufen. Ich helfe ihm manchmal dabei. Er ist schon alt, aber er weiß immer einen guten Rat und ich weiß, dass Geheimnisse bei ihm sicher sind. Mit Abigail kann man Spaß haben und Probleme vergessen.

Alec ist der kleine nervige Bruder, für den man ständig den Kopf hinhalten muss. Aber wenn man selbst ein Problem hat, ist er für einen da. Und Elyes ist … Naja, er untersteht dem ersten Offizier und leitet die Außeneinsätze. Alec nennt ihn immer Papi, wenn er ihn ärgern will – was oft vorkommt. Elyes verliert wenig Worte, egal um was es geht. Aber er versteht einen auch ohne. Er löst Probleme und diskutiert nicht lange herum. Das kann man manchmal auch ganz gut gebrauchen.“

„Wie sieht es bei dir aus, Kaleec?“, hake ich nicht.

„Übersichtlicher“, lächelt der Haghazz. „Wie schon erwähnt, habe ich Probleme damit Freundschaften aufrecht zu erhalten. Oder ich fand zuvor nie die richtigen Personen. Eine dieser wunderbaren Wesen war Narin. Sie war eine Haghazz, eine der wenigen meiner Art, die ich auf der Erde kennengelernt habe. Wir hatten eine ähnliche Kindheit, mit dem Unterschied, dass ihre Geschwister an einer Krankheit gestorben waren und sie die Einzige war, die überlebt hat. Sie hat diesen Schicksalsschlag mit einer solchen Stärke getragen, dass es mich fasziniert hat. Sie war viele Jahrhunderte lang eine Freundin, dann eine Vertraute und schließlich eine Partnerin. Sie wurde meine Bindungspartner. Ich bin viel zu sehr Mensch. Mir hat ein Bindungspartner genügt. Aber Narin hatte zu diesem Zeitpunkt 160 oder 165. Sie wollte eine große Familie, wie es für Haghazz üblich ist.“

„Bindungspartnerschaft bedeutet nicht gleich Ehe, richtig?“, ergänze ich.

„Stimmt, das sollte ich erklären. Mit einer Bindungspartnerschaft wird derjenige ein Teil meiner Familie, wie eine Schwester oder eine Freundin, aber auch wie eine Ehefrau. Schlussendlich war sie das auch und wir waren gemeinsam auf Adur.“

„Wo alle Haghazz entstehen“, ergänze ich. „Also hattet ihr Nachwuchs?“

„Nur einige Wochen. Bis die Zerstörer kamen. Jetzt ist nichts mehr davon übrig außer Staub und Eiskristalle.“

 

 

12. Wie würdest du deine Freunde beschreiben?

 

„Maribel ist leise und achtsam. Sie liebt es, sich den ganzen Tag mit ihren Pflanzen zu beschäftigen. Damjan summt ständig vor sich hin, wenn er arbeitet. Er verlegt ständig etwas außer sein Werkzeug, das ist immer ordentlich poliert in seiner Tasche verstaut. Abigail hat viel Energie, ist aufgedreht und sieht immer nur das Gute. Alec heckt Streiche aus und reißt ständig Witze. Und Elyes ist beherrscht, aber wenn er singt ist er ganz anders. Unsere Duette sind großartig. Entweder der Saal tobt danach oder es ist mucksmäuschenstill. Je nach Lied“, grinst Iuna.

„Narin war verständnisvoll, kontaktfreudig und aufgeschlossen“, erzählt Kaleec. „Sie mochte die Haghazz. Sie hat mich meinem eigenen Volk näher gebracht und sie konnte meine Gedanken erraten. Manchmal war mir das gar nicht so recht.“

 

 

13. Wie gut kannst du Geheimnisse für dich behalten?

 

„Welche Geheimnisse?“, grinst Iuna.

„Gute Antwort“, lache ich. „Was ist mit dir Kaleec?“
„Ich habe Quentins Geheimnisse bis jetzt bewahrt und werde das noch lange Zeit. Ich denke, ich bin ganz gut darin.“

 

 

14. Was denken andere Menschen über dich, was aber gar nicht stimmt?

 

„Das ich furchtlos bin. Aber ich habe Angst. Ich habe Angst, wenn ich vor einer vollen Messe stehe und singen soll. Ich hatte jedes Mal Angst, wenn ich in meinem Jäger saß und die Luke sich über meinem Kopf schloss. Ich werde fürchterliche Angst haben, wenn die Zerstörer vor mir stehen. Aber ich gehe vorwärts und irgendwann hört die Angst auf. Manchmal macht es sogar richtig Spaß.“

„Wie das Fliegen“, schlage ich vor und Iuna nickt enthusiastisch. „Was ist mit dir Kaleec?“

„Menschen denken über mich, dass ich zu langsam bin. Das stimmt nicht. Für einen Haghazz bin ich ziemlich schnell. Die Haghazz denken, dass ich seltsam bin. Das stimmt vielleicht sogar.“

 

 

15. Wenn dich an einem anderen Menschen etwas stört,

sprichst du es dann direkt an und wie gehst du selbst mit Kritik um?

 

„Kommt darauf an, wie sehr es mich stört“, überlegt Iuna. „Manchmal spreche ich es vorsichtig an, manchmal bin ich auch sehr direkt. Kritik kann ich gut einstecken, sofern sie gerechtfertigt ist. Kritik bringt einen weiter.“

„Man kann daraus lernen“, stimmt Kaleec zu. „Wenn man Sprachen lernt, wird man oft kritisiert. Sei es die falsche Aussprache oder der Satzbau. Nur so kann man sich weiter entwickeln. Gegenüber Haghazz eine Kritik zu äußern ist nicht unhöflich.“

 

 

16. Wann war dir zum letzten Mal etwas richtig peinlich

und wie bist du mit dieser Situation umgegangen?

 

„Richtig peinlich?“ Iuna wirft Kaleec einen Blick zu. „Sagen wir es so. Nach dem mich ein Zerstörer splitterfasernackt durch ein dunkles, eiskaltes Schiff gezerrt und in eine herum kullernde Zelle zu einem Haghazz geworfen hat und nachdem ich nicht mehr panisch hyperventiliert habe, weil ich dachte, er frisst mich, war mir die Situation doch etwas peinlich. Ja, doch kann man so sagen.“

„Ups“, lächle ich entschuldigend. „Wo war dein Peinlichkeitslevel in dem Moment, Kaleec?“
„Haghazz haben kein Problem damit nackt zu sein, aber da ich unter Menschen aufgewachsen bin. Naja, zu dem Zeitpunkt war ich nicht wirklich klar im Kopf. Peinlich …“, überlegt er und pfeift. „Vermutlich in dem Augenblick, als wir auf der NVS Virsait waren, ich mich der Rechten Hand Bequir verständlich machen wollte und als Sprachwissenschaftler überhaupt keinen geraden Satz mehr zustande gebracht habe. Das war peinlich und ernüchternd und es hat mich geärgert.“

 

 

17. Was ist das Kitschigste, das du jemals gemacht hast –

für dich allein oder für jemand anderen?

 

„Oh je, die Fragen werden auch immer schlimmer!“, lacht Iuna. „Also gut. Ich habe doch erwähnt, dass mir Janez auf die SSC Ameda Star gefolgt ist. Naja, wir waren jung und dumm und neugierig und kannten nur uns beide auf dem neuen Schiff. Wir waren beste Freunde und irgendwann kam eins zum anderen … Ich bin mir sicher du weißt auf was ich hinaus will, oder?“
„Ich weiß es, aber die Leser wissen es vielleicht nicht. Ihr beide hattet eine kleine Romanze.“

Iuna verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. „Hatten wir. Es war am Anfang recht holprig und irgendwie seltsam, aber dann hat es uns richtig erwischt. Jede Woche gab es auf der Ameda Star einen Karaoke-Abend. Wir haben immer die gleichen, schnulzigen Lieder geschmettert. Fast ein Jahr lang. Ein Wunder, dass sie uns nicht von der Bühne gezerrt haben.“

„Das war sicher unterhaltsam“, grinse ich. „Kaleec, hast du auch irgendwelche Lieder gesungen?“
„Ich bin nicht gut darin. Und die Lieder der Haghazz wirken auf menschliche Ohren recht fremd. Kitschig …“, überlegt er. „In Anbetracht der Tatsache, dass sich Haghazz sehr viel Zeit in der Partnerwahl lassen, habe ich mich wohl kitschig verhalten als ich Narin nach einem knappen Jahrzehnt darum gebeten habe, meine Bindungspartnerin zu werden.“

„So lange hast du bei mir aber nicht gebraucht“, grinst Iuna.

„Das war auch ... also das war um einiges Dringender und unter anderen Umständen“, erklärt sich Kaleec.

„Also nicht aus romantischen Gründen?“, bohre ich nach und höre Kaleecs pfeifendes Seufzen.

„Egal was ich jetzt sage, es ist falsch. Richtig?“
Iuna lacht auf und ich antworte: „Stimmt.“

 

18. Was war das schlimmste Geschenk,

das dir jemals jemand gemacht hat?

 

„Da gibt es keines“, versichert Iuna. „Wir haben in der Flottille sowieso einen Mangel an so ziemlich allen Dingen. Da freut man sich über jede Kleinigkeit. Kann man das Geschenk wirklich nicht gebrauchen, kann man es eintauschen. Das ist mir aber noch nie passiert. Wir schenken uns sowieso nur wenig. Die meisten Dinge sind Gemeingut.“

„Verstehe. Das stelle ich mir einerseits ganz angenehm vor, andererseits auch anstrengend. Du hast aber schon eigene Klamotten, oder?“
„Ja, klar. Ein Arbeitsoverall, den Pullover von meinem Vater und eine Hose.“

„Das ist alles?“

„Wie ich sagte, wir haben Mangel an so ziemlich allen Dingen.“

„Bei den Haghazz gibt es auch Klan-Häuser“, erklärt Kaleec. „Alles dort gehört der gesamten Familie, jeder kann sich etwas nehmen, wenn er etwas braucht, oder dort wohnen, wenn er keine andere Unterkunft hat. In diesen Gebäuden ist gerade bei großen Klans immer etwas los.“

„Wir kommen vom Thema ab. Was ist mit den Geschenken? Hast du schon mal ein schlimmes Geschenk bekommen, Kaleec?“, bohre ich nach.

„Wie man es nimmt. Es war ein Scherzgeschenk von ein paar menschlichen Kollegen auf der Erde. Sie haben mir Haarfarbe geschenkt. Ich habe gelacht und einen Witz darüber gemacht. Sie haben auch gelacht und gemeint, falls mir mal graue Haare wachsen. Ich bin mir sicher, dass sie wussten, dass Haghazz keine Haare haben.“

 

 

19. Wie verhältst du dich, wenn dir jemand richtig gut gefällt?

 

„Wenn ich jemanden mag?“, hakt Iuna nach.

„Wenn du so richtig verknallt bist“, präzisiere ich.

„Oh … so richtig verknallt war ich wohl nur in Janez und zu meiner Verteidigung, da war ich zwar volljährig, aber immer noch 16. Ich habe am laufenden Band gegrinst. So sehr, dass mich wildfremde Mannschaftsmitglieder gefragt haben, was denn so komisch ist. Ich glaube, ich habe das mittlerweile im Griff, dafür nicht den Schluckauf.“

„Erzähl weiter“, fordere ich Iuna auf und fange mir ein Augenrollen von ihr ein.

„Als ich dem Außenteam zugeteilt wurde, fand ich Elyes recht … interessant. Jedes Mal, wenn er etwas zu mir gesagt hat, habe ich mir dieses dämliche Grinsen verkniffen. Dafür bekam ich Schluckauf. Er hat die Stirn gerunzelt und sich vermutlich gefragt, warum ich so komische Grimassen schneide – das Grinsen wollte nämlich noch raus. Er ist nie auf meine Avancen eingegangen. Ist vielleicht auch ganz gut so. Etwas mit einem Außenteammitglied anzufangen ist schwierig. Man weiß nie wie lange der andere oder man selbst es überlebt.“

„Dafür hast du jetzt einen Haghazz!“, grinse ich.

„Stimmt, er ist mein Haghazz“, lacht Iuna und drückt sich an Kaleec, der belustigt schnaubt.

„Wie verhältst du dich, wenn du verknallt bist. Sofern Haghazz das überhaupt sein können“, wende ich mich an ihn.

„Oh, ich denke schon. Wenn ich starke Zuneigung empfinde, dann suche ich die Nähe des anderen. Mehr als üblich, sehr viel mehr. Und ich bin höflich, sehr zuvorkommend. Das ist wohl meiner Haghazz-Seite zu verdanken. Und ich stolpere über meine eigenen Worte. Das ist mir früher nie passiert. Aber der Aufenthalt bei den Zerstörern hat nicht nur meiner Eloquenz geschadet. Als ich Iuna kennenlerne bringe ich keinen geraden Satz heraus und später versuche ich viel zu reden, zu erklären. Weil ich weiß, dass manche meiner Gesten oder der Mimik von Menschen falsch oder gar nicht verstanden werden. Aber dann verheddere ich mich in meinen Sätzen oder mir fehlen die Worte oder ich verliere den Faden. Das ist nervenaufreibend.“

„Ich finde es ganz süß“, lächelt Iuna.

 

 

20. Hast du schon einmal einen richtig

klischeehaften Anmachspruch erlebt?

Welcher ist das gewesen?

 

Als ich die Frage stelle, beginnt Iuna zu lachen. Sie lacht so sehr, dass sie sich die Tränen aus den Augen wischen muss, bevor sie atemlos antwortet: „Der Spruch kam damals von Alec. Er sagte: Hey, soll ich mal deine Leitplanke schmieren?“

„Ok, der klingt echt dämlich“, grinse ich. „Was ist mit dir, Kaleec?“
„Den Sinn von Anmachsprüche habe ich noch nie so ganz verstanden. Es geht darum die Aufmerksamkeit des anderen zu gewinnen und gleichzeitig einen Witz zu machen? Manche sind auch recht abwertend, oder?“
Iuna zuckt mit einer Schulter. „Kann gut sein. Es ist eben Spaß.“

„Hm … Der klischeehafteste Anmachspruch eines Haghazz wäre vermutlich: Soll ich dir meine Geschwister vorstellen?“

„Der zielt dann auf was ab? Auf eine Bindungspartnerschaft?“
„Ja, aber es ist eben zu direkt und gerade am Anfang einer Bekanntschaft mehr als unpassend.“

„Deinen Humor muss man auch suchen, oder?“, frage ich stirnrunzelnd.

„Ganz und gar nicht. Haghazz sind sehr humorvoll. Soll ich einen Witz erzählen?“

„Klar!“, stimmt Iuna sofort zu.

„Ein Mensch, ein Ashey und ein Mogva gehen in eine Bar. Der Mogva bestellt einen Strohhalm. Der Ashey einen Energiedrink - und der Mensch einen Red Knight.“

„Das war´s?“, frage ich.
„Nicht witzig?“

Iuna schmunzelte: „Was ist ein Red Knight?“

„Genau, den könnt ihr nicht kennen. Ein Cocktail mit bahischem Schnaps, azonischem Sirup und Erdbeeren. Die Bahju spucken Feuer damit und er ist für Menschen giftig.“

„Warum sollte ein Mensch das trinken wollen?“, hake ich nach.

„Weil der Mogva den Strohhalm bestellt“, erklärte Kaleec. „Die Flüssigkeit der menschlichen Galle ist eine Delikatesse für Mogva. Wenn der Mensch aber ungenießbar wird“, Kaleec pfiff leise. „Vielleicht hätte ich einen anderen Witz wählen sollen.“

 

 

21. Welche drei Eigenschaften beschreiben dich am besten?

 

„Na, du siehst aber fröhlich aus“, grinse ich Iuna an.

„Du strahlst richtig“, stimmt mir Kaleec zu.

Iuna lacht auf: „Er war wundervoll!“

„Fidran?“, hake ich verwirrt nach.

„Der auch“, grinst sie. „Er war der vollendete Gentleman. Wie aus den Geschichten, wie aus einem Märchen. Aber der Garten … Ich habe noch nie so etwas Chaotisches und gleichzeitig Wunderschönes gesehen! Die Farben und Formen und der Duft. Diese verschwenderische Schönheit. Es gibt nichts annähernd Ähnliches auf unseren Schiffen. Die hydroponischen Gärten sind zweckmäßig, mehr nicht. Auf der Elysium wachsen einige Obstbäume. Wir waren einmal mit der Schulklasse dort, als sie in voller Blüte standen. Aber das alles ist kein Vergleich zu diesem Schatz. Ich hoffe, die Elfen wissen ihre Welt zu schätzen. Sie ist perfekt.“

„Klingt, als hättest du dich in die Welt verliebt“, denke ich laut und Iuna nickt. „Ich ändere deine Geschichte aber nicht. Dass kannst du vergessen.“

„Das dachte ich mir schon. Die Raumstation der Haghazz ist auch bezaubernd. Überall ranken Pflanzen und stehen Wasserspiele. Bachläufe die sich sogar über die Flure winden. Alles ist makellos und verspielt. Und der Tank ist beeindruckend, als würde man eine andere Welt betreten. Aber es ist nur eine Raumstation, kein Vergleich zu einem echten Planeten mit echter Erde und echtem Himmel. Die haben wir alle verloren.“

„Keine Sorge, kleine Gneshy“, murmelt Kaleec und drückt kurz seine Stirn gegen Iunas Schläfe. „Irgendwann haben wir auch wieder eine Heimat, eine richtige.“

Ich seufze innerlich. „Wir sollten zur eigentlichen Frage zurückkommen.“

„Ich mag sowas nicht. Da muss man sich selbst bewerten.“ Iuna presst die Lippen zusammen. „Drei Eigenschaften, ja? Ich bin hartnäckig, neugierig und tolerant – jedenfalls versuche ich das zu sein.“

„Das bist du“, versichert Kaleec. „Ich bin besonnen, weltoffen und aufmerksam. Letzteres ist gerade bei Menschen eine Herausforderung. Sie sind so wuselig und wechselhaft und weich und putzig.“

„Putzig?“ Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Erst, als sich Kaleec mit einem Seitenblick versichert hatte, dass Iuna über den Kommentar lächelt, sieht er wieder zu mir.

„Ich meine das im respektvollsten und positivsten Sinne, der nur möglich ist“, versichert er und wirkt mit sich zufrieden.

 

 

22. Wo siehst du deine Stärken?

Wo deine Schwächen?

 

„Und?“, grinse ich. „Warst du gestern auch ein Gentleman?“

Iuna lacht auf. „Aber sicher doch! Ich denke, es hat Fidran gefallen. Er war jedenfalls recht interessiert und er hat sogar hier und da nachgefragt, sich alles erklären lassen und ich glaube sogar, er war an der ein oder anderen Stelle erstaunt. Der Garten der Elysium hat ihm gefallen – denke ich – und er hat sich die Wasseraufbereitungsanlagen und die Sauerstofffilter erklären lassen. Wir haben uns auch den Antrieb angesehen. Trinny hat uns einiges darüber erzählt. Sie ist eine der Ingenieure. Aber ehrlich gesagt, konnte ich ihren Ausführungen kaum folgen. Wenn Fidran nichts verstanden hat, hat er sich nichts anmerken lassen. Selbst unseren Proteinbrei und die Algenplätzchen hat er anstandslos probiert. Er war der formvollendete Gast.“

„Dann hattet ihr ein richtiges Abenteuer.“

„Für Fidran auf jeden Fall.“ Iuna zwinkert mir zu. Ich bin mir sicher, da ist noch mehr, aber sie sagt nichts weiter. Hoffentlich hat sie sich das jetzt nicht von unserem schweigsamen Elfen abgeschaut.

„Dann kommen wir mal zur heutigen Frage. Eure Stärken und Schwächen.“

„Ich bin eine verdammt gute Pilotin – wenn ich mich wieder in das Cockpit eines Jägers wagen würde. Ich vertraue schnell“, beginnt Iuna, „und ich hoffe auf eine Zukunft. Das mag naiv sein, aber es hält einen aufrecht. Meine Stärken sind auch meine Schwächen. Zu schnelles vertrauen heißt, man fällt auch mal auf die Nase. Und ich versuche mit meinem Dickschädel manchmal durch das Schott zu kommen, stattdessen schlage ich mich so fest an, dass ich Sterne sehe.“

„Kaleec, was ist mit dir?“
„Meine Stärken liegen eindeutig in meinen Sprachkenntnissen und ich bin geduldig. Das liegt sicherlich auch an meiner Haghazz-Seite. Gleichzeitig warte ich zu lange. Ich habe zu lange zugesehen und nichts gesagt. Das darf mir nicht wieder passieren. Es wird mir nicht wieder passieren.“ Er schweigt kurz. „Ich gebe zu schnell auf. Das fällt mir in dem Moment auf, als Iunas Dickschädel mit meinem zusammenkracht. Nicht im wortwörtlichen Sinne. Aber sie rüttelt mich wach. Sie macht mir klar, dass ich handeln und vorwärts gehen muss. Egal, was in der Vergangenheit passiert ist. Noch lebe ich. Noch kann ich meine Schuld begleichen. Das ist wohl meine größte Schwäche. Ich will etwas aus der Vergangenheit ändern, von dem ich weiß, dass ich es nicht rückgängig machen kann.“

 

 

23. Was ist deine schönste Erinnerung?

Was deine Schlimmste?

 

„Ich fange mit der schlimmsten Erinnerung an. Ist das in Ordnung?“, fragt Iuna und ich nicke. „Das schlimmste war, als ich zusehen musste, wie meine kleine Schwester immer kränker wurde, wie sie gelitten hat und ich zur Untätigkeit verdammt war. Wenn jemand leidet, den man liebt – es ist kaum auszuhalten. Man will am liebsten mit sterben.“ Iuna atmet kurz durch. „Meine schönste Erinnerung war mein erster Einsatz im Außenteam. Es war ein Gewitter. Ich stand das erste Mal auf einem Planeten. Es war ein karger Felsbrocken, mit dornigem Gestrüpp, dass mir nur bis zu den Knien ging. Aber der Wind hat mir den Regen ins Gesicht gepeitscht – er war kalt – und die Luft hat gerochen – ich weiß nicht – sie war so sauber und klar. Dann hat es geblitzt und gedonnert. Es war beeindruckend. Es war … beängstigend. Ich habe es geliebt.

„Ich fange mit der schönsten Erinnerung an“, beginnt Kaleec. „Es war mitten im Krieg, als die Haghazz noch aktiv gegen die Jhartulion vorgingen. Das Außenteam hat ein Haghazz-Mädchen in einem Wrack gefunden. Ihre Eltern, ihre Geschwister, sie waren alle tot. Das Mädchen war kaum 80 Jahre alt, gerade dem Wasser entwachsen. Aber sie hatte den Angriff überlebt und sie war allein. Als Narin mir Maali in die Arme gelegt hat … sie war Hoffnung, für uns alle. Für kurze Zeit waren wir eine Familie. Es war alles, wie es sein sollte. Und dann kam der schlimmste Moment, in dem ich beide verlor. An dem Tag sind so viele gestorben. Die Jhartulion sind unbarmherzig. Sie haben das Schiff zerrissen, die Soldaten, die Zivilisten. Wir konnten ihnen nicht entkommen und wir hatten ihnen nichts entgegenzusetzen. Es war ein Massaker. Ich dachte ich sterbe, aber sie taten nichts dergleichen. Dann war ich allein in der Dunkelheit, in der Kälte. Allen mit meinem Schmerz und meinen Gedanken und der Reue und der Verzweiflung. Die Jhartulion sind nicht nur grausam, sie sind auch nachtragend.“

 

 

24. Welche Dinge oder Gedanken bereiten dir am meisten Angst?

 

„Die Zerstörer“, erwidert Iuna knapp. Kaleec nickt sein übliches Haghazz-Nicken zur Seite: „Die Jhartulion.“

 

 

25. Welche drei Dinge bringen dich so richtig auf die Palme?

 

„Ungerechtigkeit, Grausamkeit und wenn jemand meinen Nachtisch klaut“, grinst Iuna.

„Vor dem Krieg war es die Ungerechtigkeit der menschlichen Existenz. Es war sicher etwas albern, aber es war mir wichtig“, lächelt Kaleec. „Nachdem wir den Krieg verloren haben und nach der dunklen Zelle ist es die Ignoranz meines eigenen Volkes. Es ist die Dummheit und Verbohrtheit die mich wütend machen.“

 

 

26. Was bedeutet Sicherheit für dich?

 

„Die gibt es nicht.“ Iuna presst die Lippen zusammen.

„Du meinst, so lange die Zerstörer existieren?“, hake ich nach und sie nickt.

„Wir sind nirgends sicher. Niemand ist irgendwo sicher. Selbst wenn die Zerstörer meine Flottille einmal nicht aufspüren, die Schiffe sind alt. Sie können uns jederzeit um die Ohren fliegen. Das ist schon oft genug passiert und die herumschießenden Schiffteile beschädigen andere Schiffe, die wiederum ums Überleben kämpfen. Durch die Explosion können uns die Zerstörer aufspüren, also verschwinden alle Schiffe, die noch flugfähig sind. Die übrigen versuchen das Schiff so schnell wie möglich wieder flugtauglich zu machen und kommen zu einem weiteren Rendezvouspunkt nach. Verpassen sie das Zeitfenster, sind sie allein.“

„Iuna hat recht“, stimmt Kaleec ihr zu. „Erst wenn die Zerstörer fort sind, können wir wieder anfangen uns sicher zu fühlen. Vorher existiert sie nicht. Vor allem, wenn man sich nur an einem Ort aufhält, so wie die Haghazz. Sie denken, sie können diesen Ort verteidigen. Sie sind auch auf ihre Art verzweifelt. So wie jede andere Spezies.“

 

 

27. Kannst du etwas nicht,

was für die meisten Menschen ganz einfach ist?

 

„Mit Stäbchen essen“, lacht Iuna. „Alle auf der Ameda Star tun das, aber ich krieg es nicht hin. Konnte ich schon als Kind nicht.“

„Aus menschlicher Sicht? Tanzen“, schmunzelt Kaleec. „Aus Sicht der Haghazz? Höflich sein.“

 

 

28. Welche Erfindungen oder Entwicklungen

haben dein Leben verändert und warum?

 

„Ich bin auf einem Schiff geboren“, beginnt Iuna, „und werde auf einem Schiff sterben. Uns fehlen Ressourcen für Forschung. Wir machen eher Rückschritte statt Fortschritte. In unserem Alltag sind wir auf behelfsmäßige Ideen angewiesen. Ich denke, mich hat am meisten das fehlen von Erfindungen beeinflusst. Es gibt kein Vorwärts, keine Veränderungen. Es wird immer nur schlimmer.“

„Und das habe ich zu verantworten“, seufze ich. „Sieht es bei dir auch ähnlich düster aus, Kaleec?“
„Die Haghazz sind sehr fortschrittlich, selbst unter den raumfahrenden Spezies. Vor den Jhartulion gab es keine Erfindung, die mein Leben verändert hat. Während und nach dem Krieg gab es sowieso keine Entwicklung mehr. Es wird jeder Spezies so ergehen. Es herrscht galaxisweiter Stillstand.“

 

 

29. Was würdest du tun, wenn du nicht Scheitern könntest?

 

„Die Zerstörer vernichten“, erklärt Iuna ernst. „Ich versuche es, sobald ich die Möglichkeit dazu habe. Egal wie es ausgeht, Hauptsache mir gelingt es.“

Wie war das mit ihrem Dickschädel nochmal? Ich wende mich an Kaleec.

„Ich würde die Vergangenheit ändern, meine Entscheidungen und die daraus resultierenden Folgen. Vielleicht wäre dann die Lage mit den Jhartulion nicht ganz so aussichtslos.“

 

 

30. Stell dir vor, du bist 99 Jahre alt und blickst auf dein Leben zurück.

Was willst du dann gern sagen können?

 

Iuna legt kurz den Kopf zur Seite und überlegt: „Die letzten 67 Jahre waren unerträglich friedlich und die Sonne scheint viel zu lang.“ Sie grinst zufrieden. „Genau das würde ich gerne sagen, wenn ich alt bin.“

„Soll das ein Wink mit dem Zaunpfahl sein?“, hake ich nach und wende mich an unseren Haghazz.

„99 Jahre? Da habe ich an Land gerade laufen gelernt.“

„Dann häng eine 9 ran. Was würdest du gerne sagen, wenn du 999 Jahre alt bist.“

„Da bin ich zwar immer noch nicht so alt, wie ein Mensch mit 99 aber gut.“ Auch Kaleec überlegt kurz, dann lächelt er: „Hattest du einen schönen Tag, Iuna?“

30 Fragen an meinen Antagonisten

Oberhaupt Naarad Rantanen aus Dekaden-Spezies

 

#LoveMyVillain

 (Liebe meinen Schurken)

 

1. Vollständiger Name und Spitzname, falls vorhanden.

"Da meine Schöpferin es für eine gute Idee hält, hierbei teil zu nehmen, beantworte ich die Fragen gerne:
Mein Name lautet Naarad Rantanen.
Meine Bindungspartnerinnen nennen mich gerne Eb Vahin, was in der menschlichen Sprache salopp übersetzt so viel bedeutet, wie ´mein Herz´."

 

2. Alter, Geburstag, Herkunft

"Ich bin 1265 Standartjahre alt, was in menschlichen Maßstäben ungefähr 84 Jahren entspricht. Meine Spezies wird nicht geboren, aber meine Existenz begann am 9015.28.48. So wie jeder meiner Art, begann auch meine Existenz auf dem Mutterplaneten Adur."

 

3. Wo wohnst du? Wo wurdest du geboren?

"Seit über 200 Jahren lebe und arbeite ich entweder auf meinem Schiff, der NVS Virsait oder auf dem einzigen Rückzugsort für meine Spezies, der Raumstation Proog Rovnik, auf der sich auch die meisten meiner Familienmitglieder befinden.
Es ist typisch menschlich anzunehmen, dass jedes Lebewesen automatisch geboren wird. Dieses beschränkte Denkvermögen ist lästig. Ein Wunder, dass die Menscheit es sogar bis ins Weltall geschafft hat. Wenn man die kurze Lebensdauer dieser Primaten bedenkt..."

 

4. Bist du ein Mensch, Elf, ein Vampir

oder gehörst du einer selbst ausgedachten Rasse an?

Wie der geneigte Leser schon an der zweiten Frage hätte erkennen müssen, bin ich KEIN Mensch, Adur bewahre!
Ich gehöre zu einer der ältesten raumfahrenden Rassen an: den Haghazz.
Wir haben Welten bereist und die ersten Kriege geschlagen, als ihr Primaten noch mit nacktem Arsch auf Bäume geklettert seid.

 

5. Beschreibe dich selbst.

Größe, Körperbau, Haare, Augenfarbe.

„Bei Adur, mit einem Bild könnte ich mir viel Zeit ersparen, aber da es sich hier um ein Interview handelt, bleibt mir nichts anderes übrig.“ Schnaubt missbilligend.
„Dass schon, mein lieber Naarad, aber hier handelt es sich zum einen um eine schriftliche Challenge und zum anderen kann ich bei weitem nicht so gut zeichnen, um deinem stattlichen Aussehen gerecht zu werden.“
Ein gefährliches Lächeln bildet sich auf seinen Lippen.
„Ich wusste nicht, dass wir uns duzen, Schöpferin, und du findest mich stattlich?“
„Ja also… doch… schon… irgendwie…“
„Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Du siehst auch ganz… hübsch aus.“
Ein Moment des Schweigens entsteht. Ein Wunder, dass ich den Kaffee vor lauter Überraschung nicht ausspu
"Das war sehr ausführlich, danke."
Rantanen wirft mir einen missbilligenden Blick zu: "Was kann ich dafür, dass Menschen eine so empfindliche Haut haben, dass sie bei jeder Kleinigkeit Narben davontragen? Ich wiederhole mich ungerne, aber wir besitzen ein Exoskelett und unsere Haut ist deutlich widerstandsfähiger, als eure."
"Also hast du dich nie verletzt?"
"Natürlich. Mehrmals sogar. Muss ich jetzt auch noch erwähnen, dass wir technologisch so fortschrittlich sind, dass wir die meisten Verletzungen ohne Narbenbildung heilen können?"

 

7. Nenne uns deine Stärken und Vorlieben.

„Meine Stärken sind eindeutig meine Erfahrung, in so ziemlich jeder Hinsicht. Umsonst gehöre ich nicht auch zum Ältestenrat (Regierung der Haghazz). Zielstrebigkeit, Sorgfalt und Geduld, gehören ebenfalls dazu.
Meine Vorlieben… (summt nachdenklich vor sich hin) Toebb-Tee (der sehr bitter ist), dazu ein gutes Lichtspiel (die Haghazz-Version eines Kinos, dass während es läuft auch Eindrücke wie Gerüche oder Wärme wiedergibt) und eine Bindungspartnerin neben mir im Sandbett.“

8. Was sind deine Schwächen und Ängste?

„Manchmal sind meine Stärken auch meine Schwächen. Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, dann will ich es erreichen, ohne auf irgendetwas oder jemanden Rücksicht zu nehmen.

Meine Erfahrung hat mich gelehrt, vieles zu hinterfragen und vielem zu misstrauen. Oft mag es richtig sein, manchmal vielleicht auch falsch. Aber weder erkenne ich es, noch würde ich es einsehen.

Angst habe ich vor dem Versagen, dann, wenn ich meine Lieben und mein Volk nicht schützen, Geschehnisse nicht kontrollieren kann.“

„Danke, für deine Ehrlichkeit, Rantanen.“

„Was soll das heißen? Ehrlichkeit? Ich habe nur den Text auf dem Zettel abgelesen! Was steht da überhaupt? Kann mir das jemand übersetzen?!“ Verschwindet aus dem Aufnahmestudio und schreit eine der Praktikantinnen an.

9. Hast du Hobbys?

„Früher, vor dem Krieg, lebte ich mit meiner Familie auf einem Planeten. Ich habe es immer sehr genossen in dem Meer hinter unserem Heim zu tauchen. Es gehört zu der Natur der Haghazz sich im Wasser wohler zu fühlen, als an Land. Wir haben viele Wettbewerbe und Spiele veranstaltet. Zusammen mit den anderen benachbarten Familien oder den Jungen. Sandbilder unter Wasser zu malen, kann auch sehr entspannend sein oder sich einfach nur von der Strömung treiben zu lassen.“

 

 

10. Hast du ein besonderes Talent?

„Ich kann sehr vertrauenerweckend sein. Oder sehr überzeugend.“ Grinst gefährlich.

 

11. Wer sind deine Eltern? Wie ist das Verhältnis zu ihnen?

„Da ist sie wieder, die Überheblichkeit von euch Primaten anzunehmen, dass jeder von seinen Eltern großgezogen wird.“ Schnaubt verächtlich. „Meine Eltern heißen Dolsan Entayta und Rushali Rantanen. Soweit ich weiß, arbeitete meine Mutter in der Geschäftsleitung eines Terraforming-Konzerns. Meinem Vater gehörte ein Frachtschiff, was die neu gebildeten Kolonien belieferte. Da ich sie nach dem Krieg nicht auf Proog-Rovnik angetroffen habe, nehme ich an, sie sind tot.

Mein Verhältnis zu meinen Eltern ist wie bei jedem anderen Haghazz auch, sehr distanziert.

Sie gehören schließlich nicht zu meiner Familie, wie meine Geschwister und meine Bindungspartner.

Wir wachsen die ersten 100 Jahre auf Adur auf, bis wir soweit entwickelt sind um an Land atmen zu können. Auf Adur lernen wir von den anderen, meist älteren Haghazz-Familien oder den sehr alten Haghazz, die es sich in den letzten Jahrzehnten ihres Lebens zu ihrer Aufgabe gemacht haben, die Jungen zu unterstützen. Oft werden auf Adur die ersten festen Freundschaften zu anderen Haghazz (außerhalb seiner Geschwisterfamilie) geknüpft, denen man später eine Bindungspartnerschaft anbietet, um mit einigen von ihnen Nachwuchs zu bekommen.

Aber, da Adur im Krieg zerstört wurde, wie unsere anderen Kolonien auch, gab es über viele Jahrzehnte lang, keine Möglichkeit dazu.“

 

12. Hast du Geschwister? Falls ja, verstehst du dich mit ihnen?

„Meine 68 Geschwister sind meine Familie. Natürlich verstehe ich mich mit allen. Wir sind zusammen aufgewachsen und haben gemeinsam allerlei Schwierigkeiten überwunden. Sie gehören immer zu meiner Familie, auch wenn ich sie über viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte nicht mehr gesehen habe.“

 

13. Gruppierung – Gehörst du zu einer bestimmten Gruppierung? Rebellen, Regierung, Magiergilde, düsterer Kult?

„Ich gehöre zu der Regierung der Haghazz – in doppelter Hinsicht.
Zum einen befehlige ich ein militärisches Schiff und zum anderen bin ich seit der Gründung von Proog-Rovnik vor wenigen Jahrzehnten ein Mitglied des Ältestenrats.“
(Zum Ältestenrat gehören nur Haghazz die über 1000 Jahre Lebenserfahrung haben und für diesen Posten gewählt wurden.)

14. Wie lebst du? Beschreibe, wie es dort aussieht.

„Die meiste Zeit verbringe ich auf meinem Schiff, der NVS Virsait. Mein Quartier ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Der vordere Bereich ist mein Arbeitsbereich und für private Unterredungen mit meinen Untergebenen gedacht. Es gibt dort einen niedrigen Tisch mit einem großzügig angelegten Sandbett darunter. Am Tisch arbeite ich auch gerne mit meinem Terminal oder trinke Tee. In dem Raum befindet sich noch eine kleine Küchenzeile, damit ich nicht für jede Kleinigkeit mein Quartier verlassen muss. An den Wänden sind Projektionsflächen angebracht, auf denen ich bis vor wenigen Jahren Bilder meiner zerstörten Heimatwelt sehen konnte. Irgendwann konnte ich jedoch den Anblick nicht mehr ertragen. Mittlerweile zeigt es die Weite des Alls, einen Mond, einen Gasriesen oder eine Sonne. Es spiegelt besser meine innere Leere, bei dem Gedanken, dass meinem Volk keine Alternativen mehr hat.

Der hintere Teil meines Quartiers ist meiner Familie vorbehalten – sofern sich jemand von ihnen auf meinem Schiff befindet. Es gibt dort ein großes Sandbett und Aufbewahrungsmöglichkeiten für meine Kleidung. In der Mitte des Raums steht eine ovale Wanne, die stets mit frischem Wasser versorgt wird. Um die Hälfte der Wanne stülpt sich eine Wasserwand, mit einigen rotblättrigen Pflanzen. Zumindest erweckt sie den Anschein einer Unterwasserwelt.

In der Unterkunft auf der Raumstation Proog-Rovnik lebt der größte Teil meiner Familie. Unser Bereich ist dank dem Platzmangel auf der Station spärlich bemessen, wirkt aber auf Menschen dennoch sehr groß. Es gibt eine Wanne im Zentrum, die die Ausmaße eines kleinen Schwimmbeckens hat, aber in Anbetracht meiner Familiengröße, die über 200 Haghazz (die Kleinen nicht mitgezählt) beträgt, ist es winzig. Es gibt Gemeinschaftsbereiche, in denen wir miteinander kochen und Essen, lachen und faulenzen. Es gibt dort sogar ein großes Sandbett auf dem oft die Jüngeren schlafen und es gibt kleinere Abteilungen, in die sich Haghazzpartner zurückziehen können um allein zu sein. Auch dort befinden sich Sandbetten, Arbeitsbereiche, kleine Tische und Aufbewahrungsmöglichkeiten. Auf Menschen wirkt unsere Unterkunft wie ein Labyrinth. Aber was soll man schon von einer Spezies erwarten, die sich nur einen Partner sucht und höchstens drei Junge bekommen?“

15. Ordnungsfreak oder Chaot?

„Alles und jeder hat seinen Platz, auch wenn manchmal die Einsicht zu fehlen scheint. In diesem Fall helfe ich gerne nach.“

 

16. Arbeit/Schule – Wo arbeitest du?

Gefällt dir dein Job? Wie kamst du dazu?

„Ich arbeite für das Militär der Haghazz, seit ich 375 Jahre alt bin. Auf diese Idee gekommen bin ich, weil sich meine älteste Schwester dafür entschieden hat. Viele unserer Geschwister sind uns damals gefolgt und noch mehr sind dank dieser Entscheidung gestorben.
Ob es mir gefällt? Möglich, dass es mir als junger Haghazz gefallen hat. Das Abenteuer, die Macht…
Mittlerweile weiß ich, dass jeder Schritt der letzte sein kann. Ich sehe es nicht mehr so naiv und das Abenteuer verliert seinen Reiz. Aber die Macht erweckt dennoch eine gewisse Zufriedenheit in mir.“

 

17. Sozialer Rang – Wie angesehen bist du? Bekommst du viel Anerkennung?

„Als Mitglied des Ältestenrats bin ich, was den sozialen Rang angeht, sehr weit oben. Es gibt niemanden, der noch über uns steht. Man bringt den Ältesten den größtmöglichen Respekt entgegen.
Dazu gehört unter anderem eine angemessene, achtvolle Begrüßung. Jeder hat den Anweisungen eines Ältesten ohne Zweifel oder Widerworte Folge zu leisten und keinen Wiederspruch zu geben.
An nichts davon halten sich dieser menschliche Affe oder Dr. Szimas, der es eigentlich besser wissen müsste.“ Grummelt irgendetwas unverständliches vor sich hin.

18. Hast du Freunde?

Wie eng sind deine Freundschaften?

„Bei uns sind Freundschaften und Familie das selbe. Haghazz, die einem wichtig sind – und dabei spielt es keine Rolle ob man mit demjenigen nun Nachwuchs zeugen oder nur sein restliches Leben lang befreundet sein will - trägt man eine Bindungspartnerschaft an. Dabei spielt weder das Geschlecht, noch der soziale Status oder das Alter eine Rolle.
Ja, ich habe Freunde. Viele und auch gute Freunde.
Zu meinen besten Freunden gehört Dr. Enar Majir, der der Bindungspartner einer meiner Schwestern ist und seit vielen Jahrzehnten mit mir zusammen auf Schiffen dient. Mittlerweile leitet er die Krankenstation auf meinem Schiff und hat ebenfalls eine leitende Position auf Proog-Rovnik.
Ansonsten zählt Bequir noch zu meinen engsten Vertrauten. Er ist meine Dritte Hand, im menschlichen Sinne mein Erster Offizier auf dem Schiff. Aber die Dritte Hand bedeutet mehr, sie geht über die schlichte Pflichterfüllung eines Soldaten hinaus. Er ist meine dritte Hand, sozusagen ein Teil von mir.“

 

19. Beziehung – Hast du einen Freund oder eine Freundin, einen Ehepartner?

Eine Affäre? Mehrere Affären?

„Ich musste mir erst einmal die Bedeutung einer Affäre erklären lassen – verstanden habe ich es immer noch nicht genau. Vermutlich fehlt mir schlicht das beschränkte Gehirn eines Primaten…
Ich habe mehrere Bindungspartner, darunter auch Partnerinnen. Mit einigen davon habe ich im Laufe meines Lebens Nachwuchs bekommen. Jede von ihnen hat mich eine Zeit lang im Leben begleitet, bevor uns die Umstände oder persönliche Gründe wieder voneinander weg geführt haben. Aber wir achten und lieben einander über die Zeit und den Raum hinweg.“
„Wow, das war wirklich schön!“
„Ich habe nur einen Satz aus dem Bindungspartnerschwur zitiert.“
„Ich weiß, aber du klingst dabei richtig romantisch. Hätte ich dir nicht zugetraut.“
Rantanen kratzt sich unbehaglich über den Hornkamm: „Danke.“

 

20. Häufige Orte – Wo trifft man dich am ehesten an?

„Auf meinem Schiff, bei meiner Familie, in den Arbeitsräumen des Ältestenrats auf Proog-Rovnik und im Tank.“
„Könntest du letzteres bitte genauer ausführen? Für unsere menschlichen Mitleser.“
„Wozu?“
*seufz*

Nachtrag: Der Tank befindet sich auf der Raumstation Proog-Rovnik. Er ist die einzige Tauchmöglichkeit der Haghazz. Ein riesiger Wassertank mit Sandbecken, Unterwassertiere und Pflanzen und die frisch geschlüpften Jungen können sich dort ungestört entwickeln.

 

21. Kraft – Hat du besondere Kräfte?

Beherrschst du vielleicht sogar Magie oder Ähnliches?

 

„Nein.“

 

22. Kannst du bestimmte Dinge besser, als andere?

„Den Überblick über eine Situation bewahren.  Mir nicht von Ängsten die Sicht vernebeln lassen. Schwere Entscheidungen treffen, zu denen sich andere nicht durchringen können.“

„Du spielst auf die anderen Mitglieder des Ältestenrats an, oder?“

„Kein Kommentar.“

„Aber...“

Rantanen steht auf und geht.

 

23. Kontrolle – Bist du ein Kontrollfreak

oder lässt du die Dinge auf dich zukommen?

„Beides. Was ich kontrollieren kann versuche ich auch zu kontrollieren, aber vieles kann auch nicht kontrolliert werden und es passiert. Also lasse ich manche Dinge auch auf mich zukommen.“

 

24. Gibt es ein Erlebnis, das dich prägte?

„Der Tod meiner ältesten Schwester. Ich habe ihn mit angesehen und konnte es weder verhindern, noch sie retten. Es hat mir zum ersten Mal in meinen jungen Jahren meine Sterblichkeit vor Augen geführt.“

 

25. Wie bist du aufgewachsen?

„Sicher und mit einem festen Platz inmitten meiner Geschwister. Ich habe viel gelernt von meinen älteren Geschwistern und von den alten Haghazz auf Adur. Es war wohl sehr… wie sagen Menschen? Behütet. Vieles, was danach kam, hat mir verdeutlicht, dass das restliche Leben nicht so sicher verlaufen wird.“

 

26. Wie stellst du dir deine Zukunft vor?

„Meine letzten Jahrhunderte möchte ich nicht im Krieg und auf einem Raumschiff verbringen. Nur, wie es scheint, bleibt mir keine andere Wahl. Im besten Fall finde ich eine Lösung und eine neue Heimat für mein Volk. Dann können wir die Beine wieder im Sand ausstrecken und uns von den Wellen eines Meeres tragen lassen.“

 

27. Welchen Rat würdest du deinem jüngeren Ich geben?

Lacht auf: „Lass die Finger von zu viel V'zhiteol.“

Kurze Anmerkung am Rande: V'zhiteol sind kleine Wassertierchen die eine Substanz absondern, die auf Haghazz wie eine Droge wirken.

28. Wie lautet deine Lebensphilosophie?

„Ich gehe meinen Weg.“

29. Wenn du eine Sache an dir ändern könntest, was wäre es?

„Bei Adur, ihr könnt Fragen stellen! Das einzige, was ich im Moment an mir ändern würde, wäre mein Alter. Einige Jahrhunderte jünger zu sein hat durchaus seine Vorteile, aber auf meine Erfahrung möchte ich dabei nicht verzichten.“

 

30. Was bringt dich zum Lachen? Lachst du überhaupt?

„Natürlich lache ich. Meine älteste Schwester hat mich oft zum Lachen gebracht. Sie hatte einen sehr trockenen Humor. In manchen meiner Geschwister erkenne ich diesen Humor wieder. Und die Jungen bringen mich manchmal zu lachen, mit ihrer albernen, unvoreingenommen Art.“

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