PRISMA
Das verschwundene Herz
Zoe Engel
ID-NR: 28225‑577ZE4679
Sicherheitsagentin Kadeja
geb. 26.08.2289
in Berlin - Erde -
Sol-System
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liebt Chips, Nüsse und Kaffee
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hasst Menschen die ihr auf den Keks gehen
Mika Yishi
ID: 10023-745MY123S
Edel-Eskort im Haven
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geb. 11.02.2299
auf der Raumstation Atornia - Köbe II
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liebt Menschen und gute Gespräche
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hasst Ignoranz
Dajana Roku
ID: 10023-745DR108S
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Edel-Eskort im Haven
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geb. 08.10.2299
auf der Raumstation Atornia - Köbe II
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liebt Splatter-Geschichten und süße Cocktails
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hasst es abhängig zu sein
Papadopoulos
ID-NR: 2217-327WP1452
reichster Unternehmer
in Kadeja
geb. 06.11.2267
San Spring - Suneria - Los L'itas Halo Zone
liebt Extravaganz
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hasst es Credits zu verlieren
Der Rabe
ID-NR: 2217-963AJ7124
interplanetar erfolg-reicher Geschäftsmann
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geb. 31.05.2262
Zero ZR99 - Zeta Lonedonia Ausdehnung
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liebt Rabenvögel
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hasst es zu verlieren
#Charakterofseptember 2021
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30 Fragen an meine Protagonistin
Agent Zoe Engel
1. Bitte stell dich vor
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​"Ich bin Zoe Engel, genervt von diesem Verhör und wurde 2292 in Berlin geboren." Schnaubend zündet sie sich eine Zigarette an. "Für jeden der nicht rechnen kann: Ich bin 28 Erdenjahre alt. Seit einigen Jahren lebe ich in einer heruntergekommenen Wohnung in Kadeja, auf dem Planeten Prisma und führe den undankbaren Job als Sicherheitsmitarbeiter aus, anstatt mir in einem orthopädisch korrekten Sessel den Ar*** platt zu sitzen und mich noch dafür bezahlen zu lassen. Auf der Erde wird man als Polizist gut bezahlt, besonders, wenn man Fälle aufklärt. Hier dagegen schert es niemanden, wenn man nicht mehr lebend aus einer Schießerei rauskommt. Drecksloch..."
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2. Beschreibe dich selbst
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„Was für eine dämliche Frage… Ich bin Durchschnitt, bis auf die blauen Haare, vielleicht.“
„Du könntest gerne etwas ausführlicher antworten, Zoe“, murmel ich und klopfte mit dem Bleistift auf meinen Oberschenkel.
„Blue.“
„Verzeihung, Blue. Witzig, dass du das gestern nicht erwähnt hast.“
„Wusste nicht, dass mich von den Typen, die das Lesen jemand anspricht.“ Zoe lehnt sich vor in Richtung Mikrofon. „In meinem Ausweis steht Zoe Engel, aber jeder außer meine Mutter nennt mich Blue. Zufrieden?“
Frustriert plustere ich aus und winke beschwichtigend ab. Mehr werde ich vermutlich nicht aus ihr heraus bringen. Ein leises Klopfen an der Türe, lässt uns aufblicken und schon wird die Türe aufgerissen.
„Ah, hier seid ihr. Muss wohl meine Einladung verlegt haben“, grinst Mika und lässt sich neben Zoe auf das Sofa fallen.
„Du warst nicht eingeladen“, mault sie ihn an und verdreht genervt die Augen.
„Na, das erklärt so einiges.“ Mika zwinkert mir zu und linst auf den Zettel auf dem die aktuelle Frage steht.
„Hat sie in mehr als zwei Sätzen geantwortet?“
„Nop.“ Ich schüttle den Kopf.
„Dann mach ich das.“ Mika lehnt sich grinsend vor.
„Wage es nicht“, brummt Zoe grimmig, aber Mika ignoriert sie geflissentlich.
"Blue ist super sexy…“ Sofort landet ein Kissen in Mikas Gesicht, der auflacht und es beiseitelegt. „Ich liebe ihre helle Haut. Die ist selten, jedenfalls in Kadeja.“
„Ist eine ungesunde Blässe“, erwiderte Zoe.
„Und sie hat wunderschöne große, braune Augen.“
„Matschbraun“, berichtige Zoe ihn grantig. „Meine Nase ist zu lang, meine Lippen zu schmal und mein Arsch…“
„Ihr Arsch ist toll“, grinste Mika, „Ich finde, sie hat ein aristokratisches Gesicht und sie riecht immer nach frisch gewaschener Wäsche. Zum anbeißen.“ Da fliegt das zweite Kissen in sein Gesicht. Aber ich bin mir sicher, dass Zoe dabei lächelt.
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3. Welches ist deine früheste Erinnerung?
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„Erdbeereis.“
„Eis?“, hakte ich irritiert nach und sehe hilfesuchend zu Mika, der – warum auch immer – schon wieder neben Zoe auf dem Sofa sitzt. Er grinst und holt Luft: „Also meine früheste Erinnerung…“
„Du bist aber nicht gefragt!“, mault Zoe ihn an. „Oder bist du der Protagonist dieser Geschichte?“
„Das nicht, aber ich bin dein bester Kumpel, dein Vertrauter, dein Loveinteresst und was weiß ich nicht noch alles. Entweder du antwortest, oder…“
„Schon gut.“ Zoe seufzt und gibt sich geschlagen. „Meine Mama hat irgendein Treppenhaus geputzt, vielleicht bei uns im Block oder woanders. Ich weiß es nicht mehr. Meine Mama hat ständig irgendwo geputzt, gebügelt, die Kinder anderer Leute versorgt… Jedenfalls, sie hat die Treppen geputzt und ich war dabei, saß auf den Stufen über ihr und habe gespielt. Sie ist ausgerutscht, mehrere Stufe gefallen und hat sich den Arm gebrochen. Sie hat geschrien und geweint. Ich hatte schrecklich Angst um sie. Wir sind mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus und während meine Mama versorgt wurde, fragte mich eine der Krankenschwestern ob ich ein Eis möchte. Es war Sommer, wahnsinnig heiß, selbst dort in dem riesigen Gebäude. Sie hat mir ein Erdbeereis gebracht.“ Zoe zuckt mit einer Schulter und Mika lehnt sich zu ihr: „War das jetzt so schwer?“
„Es geht niemanden was an“, grummelt Zoe und ich sehe verzweifelt auf den Fragebogen in meiner Hand. Das konnte noch lustig werden.
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4. Was wolltest du werden, als du ein Kind warst?
Was ist letztendlich aus dir geworden?
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Zoe wirkt besorgt und späht zu Mika hinüber, der – schon wieder! – hier herumsitzt. Wir sollten uns demnächst zu einer anderen Uhrzeit verabreden, oder an einem anderen Ort.
„Holst du uns etwas zu trinken?“, frage ich an Mika gewandt, der enthusiastisch nickt.
„Klar, Kaffee? Tee?“
„Für mich einen Tee, bitte“, erwidere ich dankbar.
„Whisky“, bestellt Zoe und Mika lacht auf.
„Ich bezweifel, dass es den am Automaten gibt.“
„So schlimm ist es doch nicht!“, werfe ich ein und Zoe verdreht die Augen.
„Irgendwas mit viel Koffein.“
„Kommt sofort.“ Mika verschwindet und ich hebe fragend die Augenbrauen.
„Was?“, grummelte Zoe und lehnt sich zurück. „Er muss nicht alles wissen.“
„Dann antworte, bevor er zurück ist.“
Zoe holt tief Luft. „Ich wollte Prinzessin werden, wie in diesem Zeichentrickfilm, mit dem blauen Kleid und dem Kürbiswagen.“
„Ah, du meinst Aschenputtel.“
„Genau. Dann müsste ich wenigstens nicht den Dreck von anderen Leuten wegputzen, wie meine Mama. Daraus geworden ist leider nichts. Gab zu wenig Prinzen.“
„Und was ist aus dir geworden?“, hake ich vorsichtig nach.
„Anstatt den Dreck wegzuputzen, sperre ich ihn ein. Ich wurde Polizistin, wie dir bekannt sein sollte. Wegen bestimmter Umstände bin ich auf Prisma gelandet und wusste nichts besseres mit meinem Leben anzufangen, als beim PRS – Prisma Sicherheitsdienst – anzufangen.“ Ich nicke auffordernd und, nachdem Zoe sich eine Zigarette angezündet hat, redet sie tatsächlich weiter. „Ist ein privater Sicherheitsdienst in Kadeja, der die verqueren Gesetze durchsetzt. Da der Bezirk der Menschen nur ein Gebiet von vielen ist, darunter jede Menge Aliens, gibt es auf dem Planeten keine einheitliche Rechtslage. Also konnten sich diese Wich…“
„Keine Schimpfwörter!“, falle ich ihr ins Wort.
„Diese Arschl…“
„Das ist auch eines.“
„Diese Flach…“
„Bitte!“, flehe ich lautstark und Zoe seufzt theatralisch auf.
„Wie wäre es mit Schwachköpfe?“
„Von mir aus“, lenke ich resigniert ein und danke Mika, der mir eine dampfende Tasse Pfefferminztee vor die Nase stellt. Zoe nippt an ihrem Kaffee.
„Jedenfalls, diese Schwachköpfe…“
„Hey, Vorsicht. Einer von diesen Schwachköpfen ist mein Boss“, wirft Mika ein.
„Wäre mir nicht aufgefallen. Diese Geschäftsmänner“, dabei deutet Zoe mit den Fingern Anführungszeichen an, „die als erstes nach Prisma übergesiedelt sind, sind durchwegs vor der Justiz der Erde geflüchtet. Es sind alles Verbrecher, die sich ihre eigenen Gesetze geschaffen haben. Jetzt zerre ich Leute ins KVA wegen Banalitäten, während man ohne Strafe Menschen abschlachten kann, solange man einen Eigentumsnachweis vorweisen kann.“
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5. Was für eine Eigenschaft an dir treibt andere in den Wahnsinn,
die du aber als Stärke siehst?
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„Mein Ordnungssinn?“, schlägt Zoe vor.
„Der nicht vorhanden ist“, lachte Mika auf. Ort und Zeit zu wechseln schien vergebens gewesen zu sein, wenn Zoe den Notizzettel auf ihrem Couchtisch liegen lässt.
„Auch wieder wahr…“, murmelt meine Protagonistin und überlegt. Immerhin, dank mehreren Whisky ist sie nicht nur entspannter, sondern offenbar auch zu Scherzen aufgelegt.
„Das Einzige, was ich wirklich gut hinkriege, sind Fälle aufzuklären. Da vergesse ich schon mal, welcher Tag ist, oder wann ich das letzte Mal was gegessen habe.“
„Und du vergisst Verabredungen, Rechnungen zu bezahlen, aufzuräumen oder Wäsche zu waschen. Eine deiner charmanteren Seite“, zwinkert Mika und bestellt eine vierte, oder fünfte Runde. Ganz genau weiß ich es auch nicht mehr. Ich sollte aussteigen, bevor ich nicht mehr den Weg nach Hause finde…
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6. Was willst du mehr als alles andere?
Was ist dir total egal?
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„Im Moment?“, grinst Zoe, „Diesen blonden, blauäugigen Sexgott in meinem Bett. Alles andere kann mich mal.“ Sie lehnt sich zurück und legt lässig einen Arm auf die Rückenlehne des Sofas. Warum haben wir uns nochmal bei mir Zuhause verabredet? Ach ja, mir dröhnt von dem reichlichen Alkohol gestern immer noch der Schädel.
„Jaaaa, das war irgendwie klar“, erwiderte ich gedehnt und ignoriere verbissen das Grinsen auf Mikas Gesicht und das schlagartig aufdringliche Knistern in der Luft.
„Ich geh dann mal… Einkaufen oder so…“, murmel ich hastig und flüchte aus dem Raum. Die beiden sind wie Teenager, nur schlimmer.
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​7. Mit/Ohne was wäre die Welt ein schlechterer Ort?
Mit/Ohne was wäre sie ein besserer Ort?
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„Ohne Tacos wäre die Welt scheiße und naja, ohne Scheiße wäre die Welt ein besserer Ort.“
„Was für eine Logik“, lacht Mika und ich schüttle tadelnd den Kopf.
„Das ergibt überhaupt keinen Sinn.“ Jetzt war Zoe nüchtern und sogar bereit Fragen zu antworten und dann kam sowas!
„Mika“, bettle ich, doch der Mann mir gegenüber zuckt nur ungerührt mit einer Schulter. Er war der Einzige, der Zoe ins Gewissen reden konnte, tat es aber nicht.
„Tacos sind wirklich lecker.“ Großartig, von ihm war auch keine Hilfe zu erwarten.
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8. Was kannst du richtig gut? Was überhaupt nicht?
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„Fälle aufklären, das hatten wir schon“, nörgelt Zoe und steckt sich eine Zigarette in den Mund.
„Da ging es eigentlich um eine Eigenschaft von dir, die andere in den Wahnsinn treibt. Jetzt geht es darum, was du gut kannst und andere genau so sehen“, erkläre ich und schnappe mir die Zigarette. In meinem Wohnzimmer wird nicht geraucht!
„Ich hasse Fragebögen“, brummelte sie und zieht eine Schnute.
„Tu mir den gefallen, bitte.“ Wann war es soweit gekommen, dass ich vor meinem eigenen Protagonisten anfange zu betteln?
Zoe seufzt, eindeutig genervt, gibt sich aber einen Ruck: „Schön. Ich denke es gibt nichts, was ich wirklich gut kann und vieles, was ich überhaupt nicht kann.“
„Das stimmt doch nicht“, erwidere ich irritiert. Zoe schien ein ganzes Repertoire an Stimmungen parat zu haben und aktuell war sie niedergeschlagen.
„Dann sag du mir, was ich gut kann. Du hast mich schließlich erschaffen.“ Toll, jetzt war sie pampig.
„Du bist zielstrebig, du gibst nie auf. Das ist eine Eigenschaft, die viele an dir beneiden, Mika und ich eingeschlossen.“
„Ernsthaft?“ Zoe sieht mich skeptisch an.
„Was die Haushaltsführung angeht, da versagst du grandiose.“
„Na danke, deine Fähigkeit darin ist aber auch nicht gerade ausgeprägt.“
Mir fällt die Kinnlade runter. Ich hatte schließlich aufgeräumt UND gesaugt! Die ein oder zwei Spinnweben in der Ecke…
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​9. Gehst du mit dir selbst freundlich um?
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„Klar doch, ich gebe mir alles, was ich will: Zigaretten, Alkohol und Mondstaub.“
(Mondstaub ist eine ähnliche Droge wie Heroin, nur mit wesentlich weniger Nebenwirkungen)
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10. Welche Sachen machen dich froh?
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„Sex, Drugs and Rock´n´Roll.”
„Gibt es nichts andere?“, bohre ich nach.
„Nö“, erwidert Zoe entschieden.
„Also, das mit dem Sex stimmt schon. Wer liebt den nicht?“, schaltet sich Mika ein. „Ich meine, unsere Beziehung basiert hauptsächlich darauf.“
„Ist mir nicht entgangen“, grummle ich, „und was die Flecken auf meinem Sofa angeht: Ich schicke dir die Rechnung für die Reinigung.“
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11. Bist du manchmal von anderen enttäuscht?
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„Durchgehend. Deswegen lasse ich mich auf niemanden mehr ein.“
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12. Welchem Familienmitglied ähnelst du am meisten?
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„Vermutlich meiner Mutter. Äußerlich zumindest. Meinen Vater habe ich nie kennen gelernt und meine Großeltern (mütterlicherseits) wohnten schon damals auf der Mondkolonie. Meine Mutter ist von dort abgehauen, als sie 16 Jahre alt war. Sie haben auch nie Kontakt gesucht. Mich wundert es nicht. Sind alles prüde Religionsspinner mit mehr Verboten, als Schrott im All.
Soweit ich weiß, ist die einzige gesetzliche Bestrafung, bei jeglicher Art von Fehlverhalten, betreten des Bioumwandlungsreaktors. Mehr Düngemittel für die Plantagen.
Da Lobe ich mir Prisma. Die richten Leute erst nach dem zwölften Besuch im Zentrum für Kontroll- und Verhaltensanpassung hin. Sonst wäre Kadeja schon längst eine Geisterstadt. (Lacht auf)
Passiert auch nicht oft. Ich glaube, im letzten Quartal waren es 3 Hinrichtungen. Wird immer mit großem Tamtam auf jeder Hololeinwand übertragen.
Meistens sind die Insassen nach dem fünften oder sechsten Mal geläutert, müssen sie öfters ins KVA wird ihr Gehirn weichgekocht. Sie werden anständig, wenn auch etwas debil.“
Ich nicke nur und wundere mich kurz über den unerwarteten Redefluss, dann entdecke ich eine winzige Spur weißen Pulvers in Zoes Mundwinkel. Sie ist high und ganz offensichtlich in Redelaune. Na, warum nicht, solange sie mir die Fragen beantwortet.
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13. Von welchem deiner Freunde unterscheidest du dich am meisten?
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„Die Frage ist schnell beantwortet: Ich habe keine Freunde und ich brauche auch keine mehr. Ist einfacher so.“
14. Was machst du anders als deine Eltern?
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Zoe plustert aus. „Gute Frage. Ich wohne in einer kleinen und schäbigen Wohnung, wie meine Mutter damals mit mir und habe einen ähnlichen Scheiß-Job. Das Einzige, was ich besser mache, ist meine Männerwahl. Ich suche mir immerhin keine egoistischen, cholerischen Neandertaler aus, die gerne mal zuschlagen. Obwohl…“
Ihr Blick wandert zu Mika, der seit einer Weile überraschend schweigsam war. Er grinst und zwinkert ihr zu. „Nur zum Vergnügen, Blue, nur zum Vergnügen…“
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15. Warst du in der Pubertät glücklich?
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„Nein.“ Zoe schwieg und ich überlegt, ob ich nachhaken sollte, oder nicht. Sie räusperte sich und griff nach einer Zigarette. Netterweise ohne sie anzuzünden. „Meine Mama ist gestorben, als ich 12 Jahre alt war. Danach kam ich in eine Pflegefamilie, die sich sehr viel Mühe mit mir gegeben hat. Meinem Pflegevater habe ich es zu verdanken, dass ich keinen größeren Blödsinn angestellt habe und dadurch auf die Polizeischule konnte. Er war auch Polizist. Als Teenie dachte ich, er wäre der perfekte Mensch, aber dann war ich doch nur enttäuscht von ihm. Genau wie er von mir.“
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16. Welche Freundschaft von früher fehlt dir?
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„Auf der Polizeischule hatte ich einige tolle Kollegen. Eine davon, Helen, sie hat etwas ähnliches erlebt wie ich. Sie hat mich verstanden“, Zoe wischt sich verstohlen über die Augen, „Ich meine, richtig verstanden und sie hätte mich nicht für das verurteilt, was ich getan habe. Sie war cool.“
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17. Wie verbringst du einen Abend mit Freunden?
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„Früher, auf der Erde, gab es dieses Pub, das Little Stars, ein heruntergekommenes Loch, mit schalem Bier und durchweichten Hamburgern, aber viele von uns sind Abends dort rein, um abzuschalten, zu quatschen, Dart zu spielen oder für einen gepflegten Rausch. Es war meistens lustig und man war unter seinesgleichen.“
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​18. Wer ist dein gefallener Held?
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„Eigentlich sollte ich meine Mutter nennen. Sie hat uns teilweise mit drei Jobs über Wasser gehalten und noch Zeit gefunden, mir abends eine Geschichte vorzulesen. Dabei ist sie oft eingeschlafen und ich konnte mich die ganze Nacht an sie kuscheln. Jetzt ist sie vielleicht ein Engel, vielleicht auch nicht. Ich war nie sehr religiös.
Eigentlich ist mein Pflegevater der gefallene Held. Ich habe ihn bewundert. Mit seiner Uniform, der Dienstwaffe und dieser ruhigen Autorität. Er hat mir Sicherheit vermittelt, in einer Zeit, die chaotisch für mich war.
Mit sechzehn bin ich ausgezogen, ich wollte mein eigenes Ding durchziehen und er half mir eine günstige Wohnung zu finden, schleppte Möbel, baute sie mit auf, kümmerte sich um den tropfenden Wasserhahn. Durch meine Ausbildung und später meine Arbeit, war er immer irgendwie in meiner Nähe. Ich konnte ihn jederzeit um Hilfe bitten, auch wenn ich es nur selten getan habe, aber ich wusste, dass er für mich da war.
Ich habe meine Mutter verloren, aber einen Vater gefunden. Ich sagte ihm das nie. Vorher kam es mir zu albern vor und danach hatte er es nicht mehr verdient.
Er ließ sich schmieren, nahm Drogengeld. Dafür sah er bei den Labors, Geldwäsche oder Erpressung weg. Er ist der gefallene Held. Er wusste es und ich wusste es. Trotzdem habe ich es niemandem gesagt. Stattdessen habe ich mich versetzen lassen, soweit weg wie nur möglich.“
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19. Mit wem verstehst du dich am besten?
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„Mit meinem Kissen“, lacht Zoe und ich ächze genervt auf. „Ok, im Ernst, Schinya in der Gerichtsmedizin ist ganz in Ordnung.“
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​20. Hast du Angst vor jemandem, den du kennst?
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„Papadopoulos, der Mann ist so schön wie ein Engel und gleichzeitig so niederträchtig wie der Teufel. Und ich stehe in seiner Schuld. Wenn ich seine Erwartungen nicht erfülle, wird es übel.“
Nebenbei bemerkt, ist Papadopoulos – gerne von allen Papa genannt – Mikas Arbeitgeber.
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21. Bei welcher Gelegenheit hast du an dir selbst gezweifelt?
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„Von dem Tag an, als meine Mutter starb, zweifelte ich an mir und meinem Verstand. Es hat beinahe 15 Jahre gedauert, bis es endlich endete.“
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22. Was war deine folgenschwerste Entscheidung?
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„Ich habe mich dafür entschieden, die Vergangenheit nicht ruhen zu lassen. Ich habe alles dafür aufgegeben. Freunde, Kollegen, meine Arbeit, ich habe sogar meine Wohnung verloren. Alles, was mir blieb, war mein Skycar und eine Ladung Verzweiflung. Am Ende musste ich von der Erde flüchten und bin hier auf Prisma gelandet, zwischen dem Abschaum der Menschheit. Da, wo ich hin gehöre.“
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23. Welchen Fehler würdest du immer wieder machen und warum?
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Mika zieht eine Grimasse, als er die Frage hört und mein Blick springt besorgt zu Zoe, die für einen Augenblick so aussieht, als würde sie davonlaufen wollen.
„Ich habe denjenigen getötet, der meine Mutter getötet hat, auch wenn kein einziger Ermittler es mir je geglaubt hat. Weil ich ihm in all den Jahren nichts nachweisen konnte. Weil er sich in all den Jahren kein bisschen verändert hat. Weil er es verdient hat und ich würde es immer wieder machen.“ Eine kurze Pause entsteht, bevor Zoe sich aufstemmt. „Ich brauche einen Schnaps.“ Damit verschwindet sie in Richtung Ausgang, um sich vermutlich in der Bar an der Straße gegenüber volllaufen zu lassen.
„Musste diese Frage unbedingt kommen?“, zischt Mika verärgert und stemmt sich auf. „Du weißt doch, wie sie ist. Keine Ahnung, ob sie morgen noch hier erscheint.“ Dann folgt er Zoe.
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24. Was ist das Peinlichste, das dir je passiert ist?
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Ich sitze in der gestern erwähnten Bar und überlege, ob Zoe die letzte Nacht hier verbracht hat.
Sie ist betrunken, lallt aber nicht. Ihre Bewegungen sind fahrig und sie sieht mich mit glasigen Augen an. Geradezu verzweifelt hält sie sich an ihrem x-ten Drink fest.
„Was ist das Peinlichste, das dir je passiert ist?“
„Sowas wie in der eigenen Kotze, in der Straßenrinne vor ein paar ehemaligen Kollegen aufwachen? Ja, da gab es so einige Momente…“ Dann kippt sie die honigfarbene Flüssigkeit in sich hinein und bestellt gleich den nächsten. Mehr bekomme ich vermutlich nicht aus ihr heraus.
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25. Hast du jemals gegen das Gesetz verstoßen?
Falls nein, was müsste passieren, damit du gegen das Gesetz verstößt?
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Da Zoe weder in der Bar noch bei mir Zuhause erscheint und mein Interplanetarer Flug nach Prisma gecancelt wurde, setze ich bei dieser Frage aus. Ist vermutlich auch besser so. Die Antwort darauf wäre sowieso ein schlichtes „Ja“.
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26. Hattest du schon mal eine Nahtoderfahrung?
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Vermutlich verdanke ich es nur Mika, dass Zoe einigermaßen ansprechbar vor mir auf dem Sofa sitzt. Sie wirkt mitgenommen, aber gewillt, die heutige Frage hinter sich zu bringen.
„Einmal, auf der Erde. Bin einem Verdächtigen hinterher, in eine verlassene Lagerhalle. Das Glasdach war durchlöchert und der Regen verursachte Pfützen und füllte die rostigen Wannen und Tonnen. Ich war patschnass, habe gezittert und Tropfen klatschten mir stetig ins Gesicht. Ich habe den Typen hinter mir nicht gehört. Er hat mir einen Schlag auf den Kopf verpasst und mich dann in eine der mit dreckigem Wasser gefüllte Wannen gedrückt. Der Typ war vollgestopft mit Alkohol und Drogen, aber trotzdem irrsinnig stark. Ich konnte ihn nicht abschütteln. Bin erst wieder im Krankenwagen aufgewacht, während der Standpauke meines Kollegen. Ich bin mir sicher, der alte Knochen hatte Tränen in den Augen.“
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27. Welchen Schmerz hast du nicht überwunden?
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„Zuzusehen, wie meine Mutter stirbt.“
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28. Was würdest du als deinen größten Erfolg bezeichnen?
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„Meine Ausbildung zur Polizistin. Ich war die zweitbeste in meinem Jahrgang und noch nie in meinem Leben so stolz auf mich. Damals war mein Leben gut, richtig gut. Freunde, Wohnung, Job und eine Quasi-Familie. Leider ist nichts von dauer.“
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29. Wie stellst du dir deinen Lebensabend vor?
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„Auf Prisma gibt es keine Rente. Ich verdiene zwar genug, um nicht hungern, betteln oder mich prostituieren zu müssen, aber zu wenig, um etwas beiseite zu legen. Wenn ich mich also nicht als Eigentum an den nächstbesten verkaufe oder zurück zur Erde fliege um dort im Knast zu verrotten. Ende ich wie alle hier, verwahrlost und mit einer Überdosis in einer schäbigen Gasse.“
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30. Wo siehst du dich in ein/fünf/zehn Jahren?
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„Was soll die Frage? Es wird sich nichts verändern. Ich werde immer noch hier sein. Yeah…“
#XmasWithLove
24 Fragen an Mika Yishi
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1.12. Weihnachten und du
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Stell dich bitte kurz vor. Wer bist du, in welcher Geschichte spielst du mit und welche Rolle hast du dort? Magst du die Weihnachtszeit, feierst du Weihnachten gerne oder bist du froh, wenn alles vorbei ist? Wenn in deiner Welt Weihnachten gar nicht existiert, dann nimm bitte das Fest, das ihr zur Wintersonnenwende feiert.
Diesmal findet das Interview in Zoes Wohnung auf Prisma statt (ich wollte Urlaub). Eigentlich erwarte ich die karge Einrichtung, die von einem ausgeklappten Bett-Sofa dominiert wird, zu sehen. Aber weder ist die Wohnung mit herumliegenden Kleiderhaufen verseucht, noch lockt vergammeltes Essen auf dem kleinen Couchtisch die wenigen Ratten in Kadeja an. Stattdessen begrüßt mich virtueller von der Decke rieselnder Schnee, ein deckenhohes Weihnachtsbaum-Hologramm in der Ecke und der Duft von frisch gebackenen Keksen. Mika steht an der kleinen Küchenzeile und hebt drei Tassen mit dampfendem Inhalt hoch, während Zoe auf dem Sofa hockt und nur eine Schulter zuckt.
„Das hätte ich nun nicht erwartet“, begrüße ich die beiden.
„Toll, oder?“, strahlt Mika und reicht mir eine Tasse Punsch. „Wir haben für dich einen Sessel von der Nachbarin ausgeliehen.“
Ich begutachte den karierten, in die Jahre gekommen Sessel und setzte mich den beiden gegenüber. Bequemer, als er aussieht.
„Also, los geht’s“, lächle ich und nippe an meinem Punsch.
„Gerne.“ Mika setzt sich neben Zoe auf das Sofa und linst auf die Liste, die ich ihm vorab schon per Mail geschickt habe, „Ich bin Mika Yishi, bin 20 Jahre alt, leben aktuell auf Prisma und spiele in der im Moment gleichnamigen Geschichte mit. Ich bin Zoes Love Interest und Best Buddy und dazu vermutlich am Anfang ein Verdächtiger?“ Die himmelblauen Augen wandern zu Zoe, die knapp nickt.
„Weihnachten ist toll!“, lacht Mika. „Seit ich es letztes Jahr im Haven kennen gelernt habe. Wir feiern dort alle möglichen Feiertage Chanukka, Opferfest oder Ganesha Chaturthi, aber da Zoe Weihnachten gerne feiert, feiere ich mit.“
„Ich will nur klar stellen, dass ich den Deko-Kram nicht gekauft habe“, wirft Zoe ein.
„Aber es gefällt ihr“, flüstert Mika in meine Richtung und zwinkert. „Nur zu schade, dass es auf Prisma nicht schneit. Ich habe gehört, einen Schneemann zu bauen, gehört auch zu den Weihnachtstraditionen.“
„Immerhin etwas, was mir erspart bleibt“, murmelt Zoe in ihre Punschtasse.
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2.12. Deko oder Kitsch?
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Magst du bunte Lichter an den Fenstern? Wie dekorierst du im Advent deine Wohnung oder dein Haus?
„Na, so“, grinst Mika und deutet in Richtung virtuellem Schnee und dem deckenhohen Weihnachtsbaum-Hologramm.
„Dafür ging mein halbes Monatsgehalt drauf“, wirft Zoe unzufrieden ein.
„Aber es hat sich gelohnt“, erwidere ich und frage mich, ob ich so einen Weihnachtsbaum mit auf die Erde nehmen könnte. Immerhin wäre der mit einem Knopfdruck aufgebaut.
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3.12. Weihnachtskekse
​
Backst du selbst oder isst du die Kekse nur? In welchen Sorten könntest du dich eingraben und hast du vielleicht sogar ein Rezept für uns?
„Naja, also, das mit dem backen…“ Mika reibt sich verlegen mit der Hand über den Nacken.
„Sieh mich nicht so an“, verteidigt sich Zoe, „ich habe immerhin das Rezept beigesteuert.“
„Es ist von Zoes Großmutter“, erklärt Mika, „und eigentlich sollte es leicht sein. Wir haben zwar keinen Backofen, aber wir konnten von unserem Nachbarn, im Austausch für die Hälfte der Plätzchen, seinen Ofen benutzen. Haben wir auch gemacht und sie sind genießbar, aber sie sehen aus, wie…“ Mikas Blick ruht auf dem Teller in seiner Hand. Unförmig fällt mir dazu ein und vielleicht ein wenig zu lang gebacken. Ich greife mir eines und beiße hinein. Sie sind lecker und dank der Schokoladenglasur schön süß. Ich hebe einen Daumen und schnappe mir noch eines. Mika scheint erleichtert, stellt den Teller endlich auf den Tisch und schiebt sich ebenfalls einen Keks in den Mund.
„Ich habe zwar kein Talent fürs backen“, nuschelt er mit vollem Mund, „aber fürs essen.“
„Hier ist das Rezept.“ Zoe reicht mir ihr Pad. „Ich mag zwar nichts süßes, aber die Plätzchen erinnern mich an früher. Ich habe gerne mit meiner Mama gebacken und die Plätzchen an meine Freunde verschenkt.“
Nougatkipferl
100g weiche Butter oder Margarine
200g Nougat
1 Ei
1 Päckchen Vanillezucker
1 Msp. Salz
300g Mehl
½ TL Backpulver
100g Schokoladenglasur
Alles zu einem Teig formen und ihn 3-4 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.
Kipferl formen und bei 170° Umluft 12-15 Minuten backen. Wenn ausgekühlt, die Spitzen in die geschmolzene Glasur tauchen.
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4.12. Weihnachtspost
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An wen schreibst du zu Weihnachten? Lass uns doch bitte einen deiner Briefe oder eine deiner Karten lesen.
„Eigentlich habe ich noch nie jemandem einen Brief geschrieben, eher Nachrichten. Ich meine, es gibt nicht einmal Papier auf Prisma und so richtig mit der Hand schreiben... Keine Ahnung ob ich das kann.“ Mika linkst zu Zoe, die gerade im Bad verschwunden ist. „Aber ich könnte meinem wundervollen Schutzengel einen echten Brief schreiben. Dann kann ich ihr all das sagen, was… nicht so leicht auszusprechen ist.“
Ich nicke zustimmend und mit etwas Glück, kann ich den Brief in meinen zweiten Teil aufnehmen.
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​5.12. Geschenke
​
Schenkst du gerne und was bekommt dein Liebster/deine Liebste von dir? Was verschenkst du als Alibigeschenk? Und kaufst du deine Geschenke schon im September oder last minute am Heiligen Abend?
"Oh, also das mit den Geschenken ist schwierig. Ich verdiene kaum eigene Yen, stattdessen arbeite ich für Kost und Logis. Wir haben einen Fünf-Sterne-Koch im Haven und eine der besten medizinischen Privatpraxen auf Prisma. Wenn, dann bekomme ich Geschenke von meinen Kunden oder ich bitte einen Kunden darum, mir etwas bestimmtes zu schenken. Das Geld für meine Dienste geht direkt ans Haven. Ich hatte ein paar Yen übrig und alles für Zoes erstes Geschenk ausgegeben. Soll ich das hier verraten?“
Ich schüttle hastig den Kopf.
„Ok, gut. Ich möchte ihr etwas schenken, das sie freut und Dinge, die nur herum stehen“, Mika zuckt mit einer Schulter, „können das nicht. Ich denke, die Idee mit dem Brief ist perfekt. Auch wenn er nicht aus Papier sein wird und vielleicht nicht handgeschrieben, möchte ich ihr sagen, wie wichtig sie mir ist und wie dankbar ich ihr bin. Gerade jetzt, wo ich oft genug unausstehlich bin. Dafür kann sie nichts und das weiß sie auch, aber… sie sollte es auch von mir hören, oder?“
Ich hebe hastig beide Daumen und verkneife mir jeden Kommentar, als Zoe sich wieder zu uns gesellt. Schweigend werfen wir uns allen fragende Blick zu, bis Zoe seufzt.
„Soll ich nochmal raus gehen?“
„Nö“, erwidere ich hastig, „wir haben nur über dein Weihnachtsgeschenk gesprochen.“
„Welche Geschenke? Mein Konto ist leer.“ Dann grinst sie mir zu. Ich weiß schon, was sie Mika schenken wird, aber das wird nicht verraten. ;-)
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6.12. Nikolaus
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Putzt du deine Stiefel, bevor der Nikolaus kommt? Warst du überhaupt artig oder fürchtest du dich vorm Krampus/Knecht Ruprecht?
„Kommt mir das nur so vor, oder klingt die Frage zweideutig? Letztes Jahr hat Penelope im Haven ihre Overknees angezogen und ihre Peitsche in die Hand genommen. Jeder Kunde, der zugab unartig zu sein, den hat sie versohlt. Ich war der Nikolaus und weitaus netter. Ich habe…“
„Ich denke nicht“, unterbrach Zoe ihn hastig, „dass wir jetzt jede Kleinigkeit aus dem Haven hören wollen.“
„Wir oder du?“ Mika legt Zoe einen Arm um die Schultern, zieht sie zu sich und drückt ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Wie wäre es stattdessen, wenn ich dir erzähle, was ich heute mit dir so anstellen will?“
Ja, das war der Zeitpunkt an dem ich mich mal wieder hastig verabschiede, um einen kleinen oder sehr langen Stadtbummel in Kadeja zu machen.
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7.12. Am Punschstand
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Was trinkst du am Punschstand? Punsch oder Glühwein, Kinderpunsch oder mit einem ordentlichen Schuss? Und Hand aufs Herz, wie viele Häferl/Becher werden es pro Besuch?
„Punsch gibt´s in Kadeja eigentlich nur sündhaft teuer in Lebensmittelläden oder zu Weihnachten bei uns im Haven. Da wir nicht sturzbetrunken sein sollen, gibt’s höchstens zwei Becher für jeden Mitarbeiter. Außerdem vertrage ich sowieso nicht viel Alkohol. Nach zwei Bechern bin ich gut angeheitert“, grinst Mika mit roten Wangen. Offenbar hat der eine Becher Punsch vorhin schon genügt.
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​8.12. Last Christmas – Nervig oder immer noch gut?
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Im Radio und in allen Kaufhäusern dudelt es weihnachtlich, und du kannst ihm einfach nicht entkommen. Wie stehst du zu dem Song, der wohl am meisten von allen polarisiert?
„Welcher Song?“, hakt Mika irritiert nach und wirft Zoe einen Blick zu, die nur ahnungslos mit den Schultern zuckt. Dafür zücke ich meinen MP-3 Walkman. Ganz klar, nach 300 Jahren ist Last Christmas mehr als ein Oldie. Die Beiden schieben sich jeweils einen Kopfhörer ins Ohr und ich drücke auf Play.
„Wurde von den Cake Crashers gecovert. Die neue Version nervt, die Alte erstrecht.“ Zoe zieht sich den Kopfhörer heraus.
„Mir gefällt es“, entscheidet Mika und nickt im Takt.
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9.12. Das Christkind
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Glaubst du an das Christkind, und wie sieht es aus?
„Ein Christkind, was den Kindern auf der Erde Geschenke bringt? Die Idee ist toll, ich dachte, das macht der Weihnachtsmann.“ Mika legt den Kopf schief, „Keine Ahnung, ob es ein Christkind gibt. Wer weiß, was die Obrigkeit noch alles für Spezies findet. Vielleicht gibt es wirklich einen Alien, der gerne unsere Kinder beschenkt.“
„Oder auffrisst“, kommentiert Zoe trocken, „wie die Fomori. Die machen unsere Kinder ihren Kindern zum Geschenk, als kleiner Snack. Nur gut, dass sie über keinen Raumantrieb verfügen und ihr Prisma ein Stück von unserem entfernt ist.“
„Nicht jede Spezies ist so aggressiv“, wirft Mika ein.
„Nein, nur knapp die Hälfte, der Rest sind diejenigen, die das Nachsehen haben. Wenn ich ehrlich bin, gehöre ich lieber zu der Gewinnerseite.“
„Willst du dann anfangen, Aliens zu essen?“ Mikas himmelblaue Augen werden groß.
„Nein“, schnaubt Zoe, „das meinte ich nicht damit. Wo waren wir eigentlich?“
„Äh…“, blinzle ich, „vielleicht sollten wir zum nächsten Thema kommen.“
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10.12. Weihnachtsstress
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Habt ihr eine Firmenweihnachtsfeier? Auf wie viele Weihnachtsfeiern gehst du heuer insgesamt und vor welchen graut dir jetzt schon?
„Weihnachtsfeiern gibt’s bei uns nicht. Was ist mit dir?“, wendet Mika sich an Zoe, die langsam den Kopf schüttelt.
„Keine Weihnachtsfeiern, dafür ist Kadeja kulturell zu sehr gemischt und mein Boss zu geizig.“
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11.12. Dein Wunschzettel
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Schreibst du einen Wunschzettel, und was kommt drauf? Oder sollen sich die anderen gefälligst selbst etwas überlegen?
„Ich brauche keinen Wunschzettel. Alles, was mir wichtig ist, habe ich bereits“, Mika legt seine Hand behutsam auf Zoes und lächelt ihr zu, „und das andere kann mir niemand schenken.“
Aber auf einen Versuch wird Zoe es trotzdem ankommen lassen, das weiß ich und grinse in mich hinein.
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12.12. Weihnachtslied
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Was ist dir lieber, Weihnachtslieder singen oder Flöte spielen? Und welches Weihnachtslied hast du am liebsten?
„Musik allgemein ist toll, vor allem, wenn Lieder live gesungen werden. Kumiko hat ein begnadetes Gesangstalent. Sie ist der Star unserer Karaokeabende, aber ich lasse das lieber.“
„Sag nur, eine deiner wenigen Makel“, zog Zoe ihn auf, „und das bei dieser schönen Stimme.“
„Hast du ein weihnachtliches Lieblingslied?“, hakte ich nach und verkneife mir ein Grinsen.
„Ach so, ja, Ave Maria von Joyce. Tolle Frau und großartiges Lied.“
„Tolle Frau?“, wiederholt Zoe missmutig und entlockt Mika damit ein heiteres Lachen.
„Du bist doch nicht eifersüchtig? Auf eine tote Sängerin?“
„Nein… Sie ist tot?“
„Schon seit 10 Jahren. Aber sie hatte eine umwerfende Stimme. Außerdem hat sie sich von einem der entlegensten Randkolonien raus gekämpft bis an die Spitze der musikalischen Charts des Sol-Systems. Das hat bis dahin noch niemand geschafft und wird es vermutlich auch nicht. Sag nur, du kennst sie nicht?“
„Glaube nicht“, gestand Zoe und Mika sprang auf.
„Dann sollten wir das schnellst möglich ändern.“ Er begann in der einzigen Umzugskiste im Raum zu kramen, beförderte einen Holoprojektor (ähnlich wie ein Fernseher, nur dass das Bild ein Hologramm ist) heraus und stellte ihn auf den kleinen Wohnzimmertisch vor uns.
Während Mika das entsprechende Lied suchte, gesellte ich mich neben Zoe auf das kleine Sofa. Zufrieden setzte sich Mika neben uns.
Für einen Augenblick herrschte vollkommene Stille, dann ertönte eine Stimme, die mir eine Gänsehaut über die Arme jagte.
Zwei schneeweise sich überkreuzende Flügel erscheinen. Anmutig öffneten sie sich und eine schlanke Gestalt kam zum Vorschein. Kein Wunder, dass Mika Joyce für eine tolle Frau hielt. Sie sah aus wie ein Engel - ein moderner, tätowierter Engel - aber mit einer einnehmenden Präsenz die nur wenige Menschen besaßen.
Obwohl es nur ein Hologramm war, dass sich vor uns abspielte, war es unmöglich sie nicht anzusehen. Joyce Interpretation war eine rockige, stark entfremdete Variante des ursprünglichen Liedes. Trotzdem oder gerade deswegen gefiel es mir. Ich musste mir unbedingt eine Kopie davon mit auf die Erde nehmen, hoffentlich gab es keine Probleme bei der Einreise. Wie wurden Lieder aus der Zukunft verzollt?
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13.12. Bitte nicht noch einmal!
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Was war dein schrecklichstes oder peinlichstes Weihnachtserlebnis? Was möchtest du am liebsten aus deiner Erinnerung streichen? Streiche es gerne, aber erst, nachdem du es uns erzählt hast.
„Das wird schwierig. Ich feiere erst seit letztem Jahr Weihnachten und das auch nur, weil das Haven alle Feste mitnimmt, die es gibt. Es ist nichts schlimmes passiert, außer, dass mir eine Kundin im Eifer des Gefechts mit dem Ellbogen auf die Nase geschlagen hat. Die war danach gebrochen und ihr war es sehr peinlich“, grinst Mika und zuckt mit einer Schulter, „Nach ein paar Minuten bei Dr. Ramirez war alles wieder in Ordnung.“
„Das ist nicht peinlich“, schüttelt Zoe den Kopf, „peinlich wäre es, wenn du zu viel Punsch auf einem Weihnachtsmarkt trinkst, dir dabei einen Norovirus einfängst und nicht mehr rechtzeitig ein Klo findest…nicht das mir das passiert wäre… aber die Jeans könnte danach in den Müll“, erläutert Zoe mit roten Wangen.
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14.12. Gedicht
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Kennst du ein Gedicht auswendig? Dann schieß mal los!
„Weihnachten ist ein erotisches Fest,
wenn Du die Deko auf Dich wirken lässt.
Kugeln und Zapfen, gib es zu.
Sorgen bei Dir für große Unruh.
Auch der Weihnachtsmann der Gute,
der da kommt mit seiner Rute.
Der sie Dir auf den Hintern haut,
hast Du das Jahr über Mist gebaut.
Doch sei einfach ehrlich und sage mir,
seit wann stehst Du auf SM und verschweigst es mir?“ Mika grinst und Zoe verdreht die Augen. Na, sieh einer an, das Gedicht scheint sie etwas aus der Fassung zu bringen.
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15.12. Weihnachtsmarkt
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Hast du einen Lieblingsweihnachtsmarkt und was kaufst du dort ein? Oder futterst du nur und vor allem was? Nein, sag nicht, du gehst nur zum Punschen hin – oder doch?
„Essen und Punsch klingen toll. In Kadeja gibt es keinen Weihnachtsmarkt, was gibt es dort alles zu kaufen?“
„Jede Menge weihnachtlicher Kram oder auch Mützen und Schals und solche Sachen.“
„Wozu Mützen und Schals?“
„Weil es an Weihnachten kalt ist“, erklärt Zoe amüsiert, „zumindest in manchen Regionen der Erde.“
„Eigentlich wollte ich bis Heilig Abend warten, aber mit einer Mütze kann ich mithalten“, lacht Mika, zieht eine rote Weihnachtsmütze hinter dem Sofa hervor und setzt sie auf.
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​16.12. Gäste
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Mit wem verbringst du das Fest und wen vermisst du bei
deinem Weihnachtsfest?
„Letztes Jahr habe ich mit einigen Kollegen gefeiert, einen Feierabenddrink. Dieses Jahr feiere ich mit Zoe und die Einzige, die ich vermisse ist PP.“
Penelope ist seine beste Freundin und seine einzige Familie.
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17.12. Schwer zu toppen
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Was war das schönste Weihnachtsgeschenk, das du jemals bekommen hast? Und wer war der edle Spender?
„Das schönste Weihnachtsgeschenk? Eine gute Frage… Letztes Jahr habe ich nichts geschenkt bekommen. Mal sehen, was es dieses Jahr gibt“, Mika wirft einen verstohlenen Blick in Richtung Zoe, die sich gerade an der Küchenzeile zu schaffen macht, „Ansonsten hat mich letztes Jahr um Weihnachten ein Kunde für ein paar Tage auf ein Luxus-Raumschiff eingeladen. Es war toll, Massagebots, Essen aus der ganzen Galaxie und ein ganzes Deck, dass aussah wie ein Paradies, mit Sandstrand, Felswände, Palmen und warmem Badewasser.“
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18.12. Christbaum
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Nordmanntanne, Fichte oder gar aus Plastik? Ein Riese oder ein Zwerg? Wie schmückst du ihn?
„Holographisch, ist viel günstiger. Außerdem gibt es auf Prisma keine erschwinglichen Pflanzen irgendeiner Art. Den Schmuck kann man sich aussuchen. Es gibt, glaube ich, 200 verschiedene Kombinationen. Ich habe traditionell gewählt, mit Kerzen, Strohsternen und roten Kugeln.“
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20.12. Rentierpulli oder Abendkleid?
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Wirfst du dich zu Weihnachten in Schale, oder tut es ein Jogginganzug auch? Was wirst du am Heiligen Abend anziehen?
„Einen Anzug und am Abend vorzugsweise nichts“, zwinkert Mika.
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21.12. Karpfen oder Weihnachtsgans?
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Was kommt zu Weihnachten bei dir auf den Tisch? Hältst du es traditionell, einfach oder aufwendig?
„Sowas ist traditionelles Essen auf der Erde? Fleisch ist sehr teuer auf Prisma, also wird es was anderes geben. Martabak und Bhang?“
„Martabak und Bhang“, bestätigt Zoe nickend.
(Martabak ist das Lieblingsessen von Zoe. Es sind gefüllte, in Öl frittierte und mit Gemüse gefüllte Teigtaschen aus einem der vielen Straßenlokale in Kadeja. Zoes übliches Abendessen. Bhang ist ein Getränk aus Cannabis, mit Gewürzen, Honig und Milch/Joghurt. Macht ordentlich high und ist Zoes liebgewonnenes Mittel um Abends abzuschalten. Mika verzichtet meistens darauf.)
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​22.12. Der Mistelzweig
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Knutschst du unter dem Mistelzweig oder drückst du dich davor?
„Ich küsse jeden, der es gerne möchte“, grinst Mika.
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23.12. Gehst du zu Weihnachten in die Kirche?
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Wie hältst du's mit der Religion? Marschierst du aus Überzeugung oder aus Tradition in die Christmette oder lässt du es überhaupt bleiben?
„Naja, das mit der Kirche ist so eine Sache. Ich bin
nicht getauft, oder sowas. Ich glaube, es gibt nicht mal eine christliche Kirche in Kadeja. Also eher nicht.“
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24.12. Aus Kindern werden Leute
​Fühlt sich Weihnachten noch immer so an wie früher, als du noch klein warst?
„Hoffentlich fühlt sich Weihnachten nicht an, wie letztes Jahr. Sondern viel schöner. Ich wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest und seid dankbar dafür, was ihr habt. Und sei es noch so wenig. Ich bin es“, lächelt Mika und drückt dabei Zoes Hand.