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Maddison Bennett

Weltraumromance

#Charactersofseptember2020

1. Du hast fünf Sätze, um dich selbst vorzustellen

Ich betrete das gewaltige Gebäude des SOL-Hauptquartiers auf Orphao. Einem Planeten im Sonnensystem von Spicah, im inneren Teil des Carina-Sagittarius Arms unserer Galaxie. Die Eingangshalle ist so hoch wie ein dreistöckiges Gebäude, hell und sauber. Es gibt keine ersichtlichen Wände, nur Fensterfronten aus milchigem Glas.

Ich höre Lachen aus einem weitläufig angelegten Cafe, dass die halbe Eingangshalle einnimmt. Soldaten in ihren schwarz-weißen Uniformen sitzen in den bequemen Sesseln, halten Tassen oder Gläser in ihren Händen und unterhalten sich angeregt.

Der ein oder andere wirft abwesenden einen Blick in meine Richtung, nur die Wachhabenden am Eingang beobachten mich aufmerksam.

Ich bin ein Mensch, der einzige Grund, warum ich überhaupt ohne Probleme das Gebäude betreten kann, aber ich trage ganz offensichtlich keine Uniform. Das allein ist schon Grund genug für die Soldaten, mich genauer im Auge zu behalten.

Mit einem leisen Räuspern steuere ich den Empfang an, der von mehreren heimischen Bäumen flankiert wird.

Ein junger Mann sitzt hinter einer kreisförmigen Theke und arbeitet konzentriert an einem holographischen Bildschirm. Als er mich bemerkt steht er auf.

„Was kann ich für Sie tun?“

„Ich habe einen Termin mit Commander Maddison Bennett.“

„Einen Moment.“ Er wendet sich wieder dem Bildschirm zu, dann nickt er, zieht eine Datei auf ein Datenpad und reicht es mir. „Bitte unterzeichnen. Sie versichern damit, absolutes Stillschweigen über alles zu bewahren, was Sie hier sehen oder hören.“

„Also nach dem Motto: Wenn ich es dir sagen würde, müsste ich dich erschießen“, scherze ich.

„Ganz genau“, erwidert der Soldat todernst und diesmal nicke ich stumm. Dann sollte ich ihm nicht erzählen, dass ich das Interview auf Facebook stelle. Ich unterzeichne und klemme den Besucherausweis an mein Shirt.

Der junge Mann winkt einen der Wachhabenden zu sich. „Der Corporal bringt Sie zu Commander Bennetts Büro.“

Ich folge der jungen Frau, die mir zügig den Weg in die im oberen Stockwerk liegenden Büros zeigt. Dann bleibt sie in dem hellen, lichtdurchfluteten Flur vor einer Türe stehen und legt die Hand auf ein in der Wand eingelassenes Display.

Keine Sekunde später erklingt ein heller Ton und die Türe schiebt sich lautlos, wie in einem Star Trek Film zur Seite.

Der Corporal tritt ein und steuert den schneeweißen, wie ein halbes Oval wirkenden Schreibtisch an. Ein himmelblaues, eckiges Hologramm schwebt über der glänzenden Oberfläche.

Sie salutiert und ich grinse.

Maddison sieht auf. Die kurzen dunklen Haare, sind ordentlich frisiert. Ihre scharfen Gesichtszüge wirken beinahe hager. Die dunkelbraunen Augen mustert mich mit einem bohrenden Blick, dann nickt sie der jungen Soldatin zu.

„Danke, Corporal Silva.“

„Ma´am“, erwidert diese, macht so zackig auf dem Absatz kehrt, dass ich mich unweigerlich Frage, wie oft sie dafür geübt hat und verlässt zügig den Raum.

„Du kannst ruhig lächeln“, fordere ich Maddison auf und grinse – falls möglich – noch breiter, „Ich weiß, dass du dich freust. So oft wie du mir schon in den Ohren gelegen hast, deine Geschichte endlich zu schreiben, kann ich gar nicht mehr zählen. Und trotzdem fehlt mir noch ein riesiger Teil des Plots. Aber dabei kannst du mir ja jetzt aushelfen.“

Maddison stemmt sich mit einem Seufzen auf. Die schwarze Uniform mit den weißen Einschlüssen sitzt perfekt und sie zieht überflüssigerweise ihre Jacke zurecht.

„Ich freue mich.“ Ihr Mundwinkel zuckt. Mehr emotionale Ausbrüche werde ich heute wohl nicht mehr von ihr sehen.

Sie deutet zu der kleinen Sitzgruppe aus Designersesseln. Auf einem Sideboard steht eine Kaffeemaschine, ein Wasserkocher und mehrere Tassen.

„Tee oder Kaffee?“

„Wenn du hast, gerne Schwarztee mit Zucker und Milch. Davon bekomme ich im Moment nicht genug.“ Ich lasse mich in die hellgrauen Polster fallen und lehne mich zurück. Sind gemütlicher, als sie aussehen.

Nach wenigen Augenblicken sitzt mir Maddison gegenüber und reicht mir eine dampfende Tasse.

„Dann kommen wir endlich zu der heutigen Frage. Stelle dich in fünf Sätzen vor.“

Maddison nippt an ihrem Kaffee und lehnt sich zurück. „Die hätte ich dir auch per Mail beantworten können.“

„Und das hier verpassen?“ Ich mache eine ausladende Handbewegung, die das ganze Gebäude einschließt.

„Schon gut.“ Maddisons Augenbrauen huschen kurz nach oben, dann stellt sie ihre Tasse auf den kleinen ovalen Tisch ab.

„Ich bin Commander Maddison Bennett, Soldatin der Vereinten Streitkräfte des Sol-Systems.

Ich gehöre seit einigen Jahren der Spezialeinheit Medusa an. Bin ausgebildet in Pistole, Messer, Sturmgewehr und beherrsche mehrere Nachkampftechniken, im Speziellen, wie man am effektivsten die Sklerak töten – was bis vor kurzem noch gefragter war. Ich bin sehr viel älter, als ich aussehe. Auch wenn ich wie ein Mensch wirke, bin ich keiner.“ Da blitzt wieder dieses winzige Schmunzeln in ihren Mundwinkeln auf.

„Noch kryptischer hättest du dich nicht ausdrücken können“, tadle ich.

„Soll ich es berichtigen?“

„Ich bitte darum. Sei ein wenig genauer.“

Maddison stößt ein kaum hörbares Schnauben aus. Sie spricht nicht gerne darüber, aus dem einzigen Grund, dass die Menschen sie ein Leben lang wie ein Werkzeug behandelt haben.

„Mein Geist“, beginnt sie, „ist 86 Jahre alt, mein Körper gerade einmal 5, auch wenn ich wie Ende Zwanzig aussehe. Ich bin ein Klon und sterbe ich, wird mein Bewusstsein in ein jüngeres Ich transferiert. Ich bin die Einzige, ein Unika. Weil ihnen bei mir etwas gelungen ist, was bei keinem anderen Klontrupp funktioniert hat, nicht einmal bei meinen Brüdern und Schwestern.“ Ihre tiefe Stimme senkt sich zu einem leisen Brummen. „Ich kann töten, ohne einen Finger zu bewegen, ohne, dass es jemand bemerken würde. Binnen eines Augenblicks, allein nur, wenn ich daran denke. Ich bin eine tödliche Waffe und entweder die Menschen haben Angst vor mir oder sie benutzen mich für ihre Zwecke. Eine Wahl - hatte ich nie.“

„Ich denke“, beginne ich zögernd, „das waren jetzt mehr als 5 Sätze.“

„Du wolltest es ausführlich.“

2. Wie bist du aufgewachsen?

„Du siehst übel aus“, empfängt mich Maddy und ich verdrehe die Augen.

„Besten Dank auch. Kann ja nichts dafür, dass ich Halsweh habe“, krächze ich und lasse mich in den weichen Sessel in ihrem Büro fallen.

„Wenn ich dich erlösen soll, gib mir Bescheid.“ Maddy setzt sich mir gegenüber. Ein amüsierter Zug umspielt ihre Augenwinkel. Ihr Galgenhumor ist mir bis jetzt entgangen.

„Wie bist du aufgewachsen?“, krächze ich und überlege mir, ob ich um eine Tasse Tee bitten soll. Wobei, davon hatte ich heute schon genug.

Ein kaum hörbares Schnauben erklingt und drückt Maddys Missmut über die Frage aus.

„Nicht so, wie ein Mensch. Ich bin auf der Aldrin-Raumstation in einem Körper aufgewacht, der an eine 18-jährige Frau erinnerte. Sie benutzten die DNA eines Menschen, der wenige Wochen oder Monate zuvor gestorben und ideal für ihr Vorhaben war. Sie änderten das Erbgut ab, verbesserten es und züchteten Männer wie Frauen daraus.

Als ich die Augen aufschlug besaß ich ein erwachsenes, vorgefertigtes Bewusstsein. Meine Erinnerungen waren erschaffen worden, um mich möglichst stark an die Vereinten Streitkräfte des Sol-Systems zu binden und eine starke Solidarität meinen Brüdern und Schwestern, genau wie der Menschheit gegenüber zu empfinden.

Die Firma hieß Chadou Institut und arbeitete im Auftrag der SOL. Mittlerweile existiert sie nicht mehr, genau wie die Raumstation oder einer meiner Brüder oder Schwestern.“ Maddison presst kurz die Lippen aufeinander. Das einzige erkennbare Zeichen, dass sie emotional aufgewühlt ist.

„Sie hatten meinem Bewusstsein zwar beigebracht, wie ich mit einem Messer oder einem Raumjäger umgehen kann, aber die Augen-Hand-Koordination mussten wir dennoch trainieren. Dazu kam, dass wir eine der ersten gelungenen Tankzüchtungen waren. Sie wollten sicher gehen, dass wir funktionstüchtig waren, bevor sie uns auf die Sklerak los ließen.

Das Einzige, was man als Kindheit bezeichnen könnte, waren die zwei Jahre, die ich auf der Aldrin-Station verbrachte. Wir haben über 18 Stunden lang trainiert, am Schluss sogar ohne Pausen. Wir brauchten kaum Schlaf, also war das kein Problem. Mein Körper kommt mit wenig Wasser und Nahrung zurecht, aber es gab noch genug theoretisches Wissen, was sie in unsere Köpfe hämmerten. Es war eine schöne Zeit, auch wenn sie in deinen Ohren vielleicht nicht danach klingt. Es war eine friedliche Zeit, eine, in der ich mit meinen Brüdern und Schwestern lachen konnte. Alles, was danach kam, waren Verluste, Blut und Tot.“

3. Was ist deine früheste Erinnerung?

Maddys Augenbraue zuckt. Sie scheint heute etwas gestresst zu sein.

„Als ich die Augen in meinem Tank aufschlug. Die Nährlösung, in der mein erster Körper schwamm war zähflüssig und warm. Überall an meinem Körper befanden sich Sensoren und feine Nadeln, die meine Muskulatur stimuliert haben. Die künstliche Nabelschnur steckte noch in meinem Bauch. Ich bewegte mich schwerfällig und berührte die gläserne Hülle des Tanks. Lehnte mich dem weißen Licht entgegen.

Dr. Blinow stand davor und lächelte mich an. Ich war fasziniert von dem intensiven Rot auf ihren Lippen.“

4. Bist du mit deiner Familie ausgekommen? Stehst du ihr nahe?

„Meine Familie waren meine Brüder und Schwestern, die die gleiche DNA hatten, wie ich. Wir waren insgesamt 25, 12 Mädchen und 12 Jungs.“ Maddy schweigt. Ihr Blick wandert ins Leere. „Wir standen uns sehr nahe, verstanden uns oft ohne Worte. Wenn einer litt, litten die anderen mit. Mittlerweile gelten sie alle als MIA oder KIA*.“

*MIA = missing in action KIA = killed in action

5. Was wolltest du werden, als du ein Kind warst? Was ist letztendlich aus dir geworden?

„Ich wollte immer das sein, für was ich geschaffen wurde. Das Kämpfen liegt mir im Blut. Zuerst tat ich es mit Stolz, schütze meine Brüder und Schwestern, erfüllte die Missionen. Aber dann, irgendwann… wurde mir klar, dass ich nur ein Werkzeug bin. Die Menschen behandelten mich als solches. Sie behandelten jeden Klon, als wäre er entbehrlich. Und genau das waren wir auch. Deswegen hatten sie uns erschaffen.“

„Aber, du bist immer noch beim Militär.“

Ein gefährliches Lächeln huscht über ihre Lippen. „Nicht die ganze Zeit über. Ein knappes Jahr lang konnten sie mich nicht finden. Ich entfernte den Tracker in meinem Arm, war sogar kurz davor mir den Arm abzuhacken, als ich den Sender nicht sofort finden konnte.

Schlussendlich bin ich wieder hier. Aber ich gelte jetzt als Mensch. Ich besitze eine ID-Nummer und ein Motorrad, verdiene mein Geld und wurde sogar mehrmals befördert. Erst vor kurzem zum Commander und ich befehlige eine kleine Fregatte mit einer recht abenteuerlichen Crew.

Meine Markierungen im Nacken und den Handgelenken wurden entfernt und meine Augen chirurgisch verändert. Vorher waren sie rot. Jeder, der mir ins Gesicht gesehen hat, wusste, was ich war. Jetzt ist es anders. Sie behandeln mich anders, respektvoller. Selbst manche Admirals fragen mich um Rat. Ich kämpfe seit mehr Jahren, als die meisten Menschen leben.“

6. Hattest du irgendwelche Vorbilder? Wenn ja, beschreibe sie.

„Berufsbedingt, alle großen Strategen. Von Robert E. Lee, Helmut von Moltke, Alexander der Große, Hannibal, Narses bis zu Napoleon I.“

„Verdammt, wieso musstest du das jetzt sagen!“, jammere ich. „Jetzt muss ich mir im schlimmsten Fall auch noch Infos über diese Typen anlesen. Und sowas langweilt mich schrecklich!“

Maddys Augenbrauen zucken amüsiert. „Du hast gefragt, ich antworte.“

7. Was hat dich erwachsen werden lassen?

„Ich war nie wirklich ein Kind. Ich habe zwar die Erinnerungen, sie aber nie durchlebt und das war mir von Anfang an bewusst. Möglich, dass es ein absichtlicher, oder zufälliger Fehler war. Richtig erwachsen wurde ich auf meiner ersten Mission. Nach meinem Training auf der Aldrin-Raumstation, konnte mich doch nichts auf die Realität vorbereiten. Und was es bedeutet Menschen zu verlieren, die man liebt.“

8. Welche drei Worte beschreiben deine Persönlichkeit am besten? Welche drei Worte würden andere benutzen, um dich zu beschreiben?

„Wie geht es dir?“, frage ich meine Protagonistin, als sie sich mir gegenüber in den Sessel setzt.
„Gut.“ Eine kleine Schramme auf ihrer Lippe ist das einzige Zeichen ihrer gestrigen Unternehmung.

„Du siehst fit aus. Keine blauen Flecken, oder so?“
„Doch, hier und da ein kleiner.“ Maddy zuckt mit einer Schulter. „Bin schlimmeres gewohnt.“

„Und wie geht es den anderen?“

„Sie leben noch.“

„Mehr kann ich vermutlich nicht verlangen.“

„Es war ein denkwürdiger Abend. Ich glaube sogar, einige der Jungs haben geweint.“ Maddy grinst gefährlich.

„Vermutlich als du ihnen in die Ei*** getreten hast?“
Maddy überlegt kurz. „Gut möglich… Also, was ist die heute Frage?“

„Welche drei Worte beschreiben deine Persönlichkeit am besten? Welche drei Worte würden andere benutzen, um dich zu beschreiben?“

„Fokussiert, erfahren, effektiv. Die meisten anderen“, überlegt sie, „würden mich gefährlich,  undurchschaubar und… grausam nennen.“

9. Hast du irgendwelche besonderen Eigenarten oder Fähigkeiten?

Wie bist du dazu gekommen?

„Selbst die Wissenschaftler, die mich und meine Brüder und Schwestern erschaffen haben, wissen nicht, wie ihnen das gelungen ist. Vermutlich war es eine Mutation, ein Fehler oder ein Glücksfall – kommt ganz darauf an, wie man es sehen möchte.

Binnen eines Augenblicks kann ich Sauerstoff in Stickstoff verändern – eine chemische Reaktion erzwingen. Es geht nur in meiner Nähe. Die längste Entfernung waren 4,3m und es ist punktuell genau bis auf 5cm.“

„Erläuterte das bitte anhand eines Beispiels. Ich glaube, die ganze Tragweite deiner Fähigkeit kommt dabei erst zum Vorschein.“

Maddy schnaubt unwillig. Diese „Fähigkeit“ war der Grund, warum Menschen die diese unwichtige Kleinigkeit über sie wissen, benutzt und gleichzeitig gefürchtet haben.

„Im Bruchteil einer Sekunde kann ich sämtlichen Sauerstoff in deinem Gehirn in Stickstoff umwandeln und du wärst Hirntod, bevor dein Körper auf dem Boden aufschlägt. Das Gewebe stirbt sofort ab, dein Herz stoppt. Es ist ein schneller, schmerzloser Tod. Aber es geht auch anders. Entziehe ich den Sauerstoff immer wieder aus deinen Lungen, erstickst du. Entziehe ich nicht alles, dauert es sehr viel länger. Du stirbst, langsam und qualvoll“, grollt Maddison und jagt mir mit ihrem kalten Blick einen Schauer über den Rücken.

„Du hast das schon mal durchgezogen, oder?“
„Durchaus, und er hat jede Sekunde von den 18 Stunden verdient. Am Schluss hat er darum gebettelt sterben zu dürfen.“

Ich schluckte lautstark.

„Du hältst das keine 18 Stunden durch.“

„Nein, das nicht“, gesteht Maddy, „die ersten zweimal gehen kurz hintereinander, ohne größere Probleme. Dann fangen die Kopfschmerzen an. Nasenbluten, Schwindel, Übelkeit. Wenn ich nicht damit aufhöre, kippe ich irgendwann um, aber ich beherrsche einige Tricks mit dem Messer und meine Kopfschmerzen haben sich an dem Tag auf jeden Fall gelohnt.“

„Maddy, du bist ein Herzchen.“

10. Wo lebst du jetzt und mit wem?

„Im Moment in einem Quartier hier auf dem Gelände der SOL, weil mein Schiff einiges an Schaden beim letzten Einsatz einstecken musste. Die meiste Zeit bin ich jedoch auf meinem Schiff, der SVV Io. Es ist eine kleine Fregatte, eine ehemalige Yacht, also kein Militärstandart. Jeder meiner Crew hat ein eigenes Quartier, nicht die üblichen Mehrbettzimmer mit Wechselschicht.“

„Bedeutet, dass mindestens zwei, meistens jedoch drei Crewmitglieder sich die gleiche Schlafkapsel teilen“, erkläre ich und Maddy nickt.

„Besonders auf den Frachtern und Kreuzern notwendig. Wenig Platz und viele Soldaten.“ Maddy lehnt sich zurück. „Ich habe eine sechsköpfige Crew, alle inoffiziell bei der SOL angestellt. Sind wir unterwegs, habe ich nicht einmal eine Uniform, noch Kennmarken. Werden wir vom Feind gefangen genommen, würde die SOL jegliche Zusammenarbeit leugnen. Wir sind eine schwarze Einheit – offiziell weiß die SOL nichts von uns und erteilt uns auch keine Aufträge.“

„Erzähle uns etwas über deine Crew.“

Maddy nickt. „Derun Khayri, eine der besten Piloten, denen ich je begegnet bin. Ihre Mutter ist eine Gelidaja, ihr Vater ein Mensch. Er ist Mechaniker auf der SVV Lhotse. Ich kenne ihn seit Jahren. Derun wollte unbedingt auf mein Schiff. Ich glaube, sie rebelliert gegen ihre Mutter.“ Maddy schmunzelt.

„Dazu muss man wissen“, werfe ich ein, „dass die Gelidaja Pazifisten sind und sie sind unparteiisch.“

„Ich bin  mir sicher Deruns Mutter ist ziemlich verärgert“, lächelt Maddy und greif nach ihrer Tasse Kaffee. „Dann gibt es noch meine Mechanikerin, Kek´de Ipps. Sie ist ein Fleeber, kann den Antrieb der Io vermutlich mit Kaugummipapier und einem Feuerzeug reparieren und schläft in der Hängematten im Maschinenraum. Sie meint, sie will ihr „Baby“ nicht allein lassen. Des Öfteren streiten sich Ipps und Khayri darum, wem nun das Schiff gehört - unwichtig zu erwähnen, dass ich es eigentlich befehlige.“ Maddy zuckt amüsiert mit einer Schulter und trinkt einen Schluck.

„Dr. Oliver Donnelly ist mein Bordarzt. Er ist Admiralsarzt, seit mehreren Jahren im Ruhestand, wollte aber die Füße nicht auf dem Boden behalten. Laut eigener Aussage ist der Ruhestand langweilig und unnütz. Er hat ständig einen trockenen Kommentar auf den Lippen und eine Zigarette im Mundwinkel. Meine Krankenstation riecht wie ein Aschenbecher. Er hört nicht einmal auf zu rauchen, wenn er mich zusammenflickt.“ Maddy hebt ergeben ihre Augenbrauen.

„Dann gibt es noch Camael „Cam“ Santos. Er ist offiziell Marineschutzkraft, kümmert sich um die Sicherheit auf dem Schiff, reinigt die Waffen nach dem Einsatz, hilft Ipps bei schweren Reparaturarbeiten und verbringt die meiste Zeit im Trainingsraum. Er hat sich einen Adler tätowieren lassen, der von der linken Schulter über den Rücken bis zur rechten Schulter reicht. Er trägt ständig sein silbernes Kreuz um den Hals, betet vor jedem Einsatz für mich und bäckt ein hervorragendes Soufflé.“

„Klingt nach dem perfekten Mann“, grinse ich.

„Er ist ein Angeber und hat in jedem Raumhafen eine Andere – eigentlich sind wir uns da ziemlich ähnlich...“

„Du bist kein Angeber“, erwidere ich ernst und diesmal schmunzelt Maddy.

„Stimmt, aber er ist ein guter Wingman.“ Maddy zwinkert und ich schüttle tadelnd den Kopf. „Und dann gibt es noch E.V.E. meine Schiffs-KI und ihr Androidenkörper, der aussieht wie ein rothaariger, sexy Punk. Khayri hat sie vom Schwarzmarkt. E.V.E. ist etwas… speziell, aber solange sie funktioniert ist alles wunderbar. Außerdem kann sie sich in andere Schiffssysteme hacken und die Steuerung übernehmen.

Die drei DDs (Defence-Droiden) muss ich nicht erwähnen, oder? Die besorgt mir Santos – auch auf dem Schwarzmarkt. Ich kann mich mit ihnen verbinden“, Maddy deutet hinter ihr Ohr, „und steuern. Ich nehme sie meistens auf Einsätze mit. Sie sind dazu da mir Arbeit abzunehmen, auf mich aufzupassen und wenn sie defekt sind, weint ihnen keiner eine Träne nach. Außer Santos vielleicht. Er baut immer irgendwelche Spielereien ein und versucht sie zu reparieren, sofern es einer von ihnen auf das Schiff zurück schafft.“

„Du sagtest 6-köpfige Crew, das waren fünf.“

„Die Stelle des XO ist momentan nicht besetzt. Mein letzter XO“, Maddy schnaubt, „war nicht so loyal, wie ich angenommen hatte.“

„Du bist sauer auf ihn.“

„Er ist übergelaufen und hat dabei versucht mich als Beute auszuliefern. Am Schluss wollte er mich töten und ich habe einen Arm verloren – er dafür sein Leben“, grollt Maddy.

„Unabhängig von deinem XO, hast du eine sehr abenteuerliche Crew.

„Sie sind in der SOL meistens angeeckt, konnten sich nie richtig einfügen.“

„Dann hast du ein Herz für Außenseiter.“

Ein schwaches Lächeln huscht über ihre Lippen. „Ich bin doch selbst einer.“

11. Wie ehrlich bist du dir selbst und anderen gegenüber, wenn es um deine Gefühle geht?
 

Maddison lacht humorlos auf. „Viele würden behaupten, ich besäße keine Gefühle.“

„Ich weiß, dass du welche hast“, bohre ich nach und Maddy schnaubt.

„Ich kann, wenn ich will, alles möglich empfinden. Liebe und Hass. Eifersucht und Nachsicht.

Im Laufe der Zeit lernt man jedoch, dass es einfacher ist, wenn man sich emotional nicht zu sehr an andere bindet.

Ich zeige durchaus eine gewisse Fürsorge meiner Crew gegenüber. Kameradschaft und vielleicht sogar Freundschaft.

Mehr will ich niemandem mehr entgegen bringen. Es macht die Dinge kompliziert, es verletzt und es bringt mich und andere in eine Lage, in der man sich zwischen dem Missionsziel oder seinen Gefühlen entscheiden muss.

Doch an erster Stellte steht immer die Mission“, endet Maddy mit einem endgültigen Unterton. Dann schweigt sie eisern und ich lehne mich zurück.

„Ich habe für uns einen Termin im Champion Combat Center gemacht“, wechsle ich das Thema und Maddy scheint erleichtert darüber.

„Wann?“
„Morgen, um die gleiche Zeit. Wir treffen uns für die tägliche Frage dort. Und ja, ich habe mir Verstärkung geholt.“

„Nur eine?“ Maddy stützt sich auf die Armlehnen des Sessels. „Du hast keine Ahnung vom kämpfen. Vielleicht solltest du noch zwei oder drei weitere Personen einladen. Nur um es fair zu machen.“

„So ein Angeber“, erwidere ich tadelnd, „aber ich bin mir sicher Ethan wird mich tatkräftig unterstützen.“

Maddys Arm rutscht von der Lehne und sie zuckt hoch. „Du hast Lieutenant Shaw eingeladen?“

„Klar, er ist kompetent.“

„Kompetent“, wiederholt Maddy tonlos und ich hebe erstaunt die Augenbrauen.

„Soll ich dir seine Auszeichnungen aufzählen? Er hat da einige.“

„Ich weiß“, erwidert Maddy und zuckt bei meinem erstaunten Blick mit den Schultern. „Ich habe seine Akte gelesen.“

„Na sowas“, grinse ich. „Warst du etwa neugierig?“
„Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Mensch so… kompetent ist. Ich hätte die SVV Delhi ohne ihn nicht erreicht.“

„Du meinst damit, dass er dich aus dem All, mitten in einer Raumschlacht einfängt, weil du aus dem explodierenden Raumjäger „aussteigen“ musstest. Und während sich der Luftdruck* in der Schleuse anpasste, hat dein Herz aufgehört zu schlagen. Er hat dich reanimiert und du bist ihm beinah nochmal unter den Händen weggestorben bis das Sani-Team bei dir war.“

„Ich weiß“, erwidert Maddy schlicht und ich bin mir nicht sicher, ob ihre Wangen gerade etwas röter sind, als sonst. „Wieso ist er überhaupt hier? Sollte er nicht auf der SVV Delhi sein und bei den Reparaturarbeiten helfen?“

„Stimmt, der Kreuzer liegt im Dock. Aber der LT ist hier und er hat Zeit. Wir werden morgen jede Menge Spaß haben. Er soll in Aufklärung und Taktik hervorragend sein. Er wird dich binnen Minuten durchschauen und wir werden gewinnen!“, prophezeie ich enthusiastisch und stehe auf.

„Wenn du meinst.“

Meine ich und diesmal bin ich mir ganz sicher. Sie freut sich – auch wenn sie es zu verbergen versucht.

 

*Es geht hier um die Dekompression, wie bei Tiefseetauchern. Soweit ich es verstanden habe, sollte der Druckausgleich vom All in ein Raumschiff rund 60 Minuten dauern, um eine Dekompressionskrankheit zu verhindern. Bei Maddy ist das schlicht „eingebaut“, sie kann rein und raus spazieren, wie sie will – und das ist auf ihrer Panzerung vermerkt.

Ethan selbst wurde ebenfalls „modifiziert“ wie andere in den Außenteams. Es ist wichtig, dass einige der Soldaten ein Raumschiff binnen Sekunden verlassen können, ohne dabei zu sterben – um zum Beispiel eine irrwitzige Soldatin abzupassen. Oder dringende Reparaturen durchzuführen oder Gegner abzuwehren.

 

 

12. Traust du es jemandem zu, dich zu beschützen?

 

Wenn ja, wem und warum?


Das Champion Combat Center ist ein riesiger Komplex inmitten des Bezirks, unweit des SOL-Hauptquartiers.

Da sich die Menschheit seit mehr als 80 Jahren in einem Krieg befindet, 39 davon in einem offenen Konflikt, ist die Sportart, die in den letzten Jahrzehnten großes Interesse weckte und von Seiten der Regierung gefördert wurde ein virtuelles Kampfspiel.

Schon von weitem höre ich die begeisterten Jubelschreie, die ich sonst nur aus Fußballstadien kenne.

Das Gebäude ist wie alle Bauwerke, modern, mit weichen Kanten und milchigen Fronten. Überall an den Wänden leuchten bunte Werbehologramme um die Wette.

Der weitläufige Platz vor dem Champion Combat Center ist belebt und doch entdecke ich Maddy in ihren unscheinbaren, dunklen Jeans und grauem Shirt sofort. Außer ihrer Kennmarke und dem SOL-Logo auf der Sporttasche, erinnert nichts ans Militär.

„Bereit für deine Niederlage?“, begrüßt sie mich und ich verdrehe die Augen.

„Ich nehme alles zurück, du bist doch ein Angeber.“

„Nicht, wenn es eine schlichte Tatsache ist.“ Ihre dunklen Augen huschen über die dahin strömenden Menschen, was ihr leicht fällt. Sie ist gut einen Kopf größer, als ich.

Maddy macht eine kaum merkliche Kopfbewegung. „Der LT.“

Ich drehe mich und winke, sobald er in unsere Richtung sieht.

Als er uns erreicht, richten sich die wachen, braunen Augen auf Maddy. Seine Schultern straffen sich unter dem dunkelblauen Shirt und ich bin mir sicher, dass er gleich salutiert, aber er nickt nur.

„Commander“, begrüßt Ethan sie steif. In der tiefen Bassstimme klingt ein sonores Brummen und erinnerte mich an das Grollen eines gutmütigen Bären.

„Lieutenant“, erwidert Maddy und verschränkt die Arme hinter dem Rücken.

„Wie geht es Ihnen?“, will Ethan wissen. Maddy scheint kurz irritiert über die Frage. Immerhin hat sie einige Tage auf der Krankenstation der SVV Delhi verbracht, das Schiff aber auf ihren zwei Beinen verlassen.

„Gut, Lieutenant.“

„Das freut mich.“ Er lächelt leicht. Es ist ein schiefes Lächeln. Die Narben auf seiner linken Gesichtshälfte verhindern, dass sich der Mundwinkel allzu sehr hebt. Sie sehen aus wie Brandwunden, sind aber Verätzungen, die ein helles sternförmiges Muster auf der Haut um sein Auge bilden, sich bis zu seinem Wangenknochen zeichnen und in starkem Kontrast zu den weich geschwungenen Lippen bilden.

Obwohl er beinahe schwarze Augen und dunkle Haare hat, die typisch fürs Militär kurz geschnitten und an den Seiten abrasiert sind, wirkt er dennoch ganz anders auf mich, als Maddy.

Beide wirken distanziert, mit der militärisch aufrechten Körperhaltung und der kontrollierten Mimik. Aber Ethan scheint dennoch offener, freundlicher, wärmer, wie ein Fels-in-der-Brandung-Typ. Der Mann, den man gerne bei sich hätte, wenn die Welt unter geht.

Seine wachen Augen – eines davon ein Implantat - huschen zu mir. „Schöpferin. Es freut mich, dich kennen zu lernen.“

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Ethan. Hast du eine Ahnung, wie schwer du es mir mit deinem Namen gemacht hast?“

„War keine Absicht“, versichert er und der Schalk blitz in seinen Augen auf. Ich glaube ihm kein Wort. „Warten wir noch auf jemanden, oder sollen wir rein?“
„Wir gehen.“ Ich hake mich bei ihm unter. „Maddy meint, wir verlieren.“ Diesmal lacht Ethan auf, es klingt grollend und ansteckend.

„Vermutlich. Es kursieren viele Geschichten über den Commander, ist nur die Hälfte davon wahr…“ Er lässt den Satz unausgesprochen und wirft Maddy einen forschenden Blick zu, die nur kommentarlos mit einer Schulter zuckt.

„Aber ich gebe mein Bestes“, versichert mir Ethan.

„Erzähl etwas über dich“, fordere ich ihn auf und Ethan hebt nachdenklich die Augenbrauen.

„Ich bin 2592 auf dem Mars geboren…“

„Also aktuell 35 Jahre alt.“

Ethan nickt. „Meine zwei jüngeren Schwestern, Isobel und Adriana, leben immer noch auf dem Mars. Ich habe drei Jahre in Oxford studiert und den Bachelor in Medizin und Politikwissenschaft. Danach konnte ich mich auf die Offizierslaufbahn bewerben und hatte Glück. Ich wurde angenommen.“

„Man muss dazu sagen“, ergänze ich, „dass es in dieser Zeit sehr schwierig ist in die Offizierslaufbahn zu gelangen.“ Der Krieg verlangt mehr Bauernopfer. „Und es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass mindestens ein Kind aus der Familie der SOL beitritt.“

Der Rest der Zuhause bleibt, wird angehalten  - offenbar wie in jedem Krieg – möglichst früh und möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen.

„Du bist fünffacher Onkel.“

„Stimmt, Isobel hat drei Kinder und Adriana zwei.“

„Und du hast in Oxford studiert. Ist es heute auch noch so teuer, wie zu meiner Zeit.“

„Vermutlich teurer“, mutmaßt Ethan.

„Also seid ihr reich?“
„Es ist eher mehr Einfluss, als Geld. Meine Familie väterlicherseits gehört seit drei Generationen der SOL an. Sie waren alle am Ende ihrer Karriere Generäle. Meine Mutter arbeitet in der Politik, in Großadmiral Urtosas Stab.

Du weißt schon wie das ist. Man kennt jemanden, der jemanden kennt und der einem einen Gefallen schuldet. Meine Noten waren nicht schlecht. Zumindest hat es für Oxford gereicht und meine Schwestern sind sicher Zuhause.“

„Du stammst also aus einer Militärfamilie?“

„Wer nicht, in diesen Zeiten.“

„Und jetzt verrate mir noch ein Geheimnis“, verlange ich, weil ich ihn noch besser kennen lernen möchte.

Ethan grinst schief, lehnt sich zu mir vor und antwortet leise. „Ich wollte schon immer Saxophon spielen lernen und in einer Jazz-Bar auftreten.“

„Ernsthaft? Jazz?“, lachte ich.
Mein kleines Verhör, bei dem Maddy aufmerksam die Ohren gespitzt hat, endet, als wir die riesige Eingangshalle des Champion Combat Centers betreten. Die Spiele aus den Arenen werden auf unzähligen Hologrammen übertragen, es werden lautstark Wetten über die Spieler abgegeben und Bilder geschossen.

„Die sehen uns doch nicht etwa alle zu?“, frage ich erschrocken. Maddy drückt ihre Hand auf ein Display und gewährt uns damit Einlass in den hinteren Bereich.

„Nicht von Anfang an“, erklärt sie, „aber je nachdem, wie gut ihr euch anstellt, kann es voll werden.“

„Alter“, murmel ich. So hatte ich  mir das aber nicht vorgestellt. Wir steuern die Umkleiden an und ich muss Ethan loslassen.

„Wir sehen uns in der Arena“, versichert er und verschwindet hinter einer Türe, während ich Maddy folge. Nur gut, dass ich mir kurze Hosen und ein schwarzes Shirt dafür eingepackt habe, ich werde es brauchen. Mir ist ja jetzt schon heiß.

Maddy hilft mir anschließend in die Target Vest, eine Mischung aus Lasertag und Panzerungs-Weste.

Die Pistole ist schwer und sieht echt aus. Aber sie ist es laut Maddy nicht.

Die Waffe verstaue ich an dem Halfter an meinem Bein, das mit der Weste verbunden ist. Irgendwie fühlt es sich gut an und voller Vorfreude folge ich Maddy in die Arena 51-C, die noch sehr unspektakulär wirkt.

Dunkler Boden mit hellen Linien durchzogen. Über unseren Köpfen sitzen einige Zuschauer, die vermutlich noch vom vorherigen Spiel dageblieben sind. Der Eintritt kostet hier übrigens nicht.

Ethan steht schon vor der einzigen sichtbaren Konsole und scrollt durch die Dateien.

„Wollen Sie ein Schlachtfeld aussuchen?“, fragt er Maddy und tritt zuvorkommend einen Schritt beiseite.

„Nein, sucht ihr beide etwas aus.“

Ich überlasse es ganz Ethan und stelle mich zu Maddy.

„Beantwortest du mir noch die heute Frage, bevor ich mich der ersten Niederlage stellen muss?“
Maddy nickt und ich stelle sie. Ihr entweicht ein missbilligender Laut.

„Ich bin dazu geschaffen worden, andere zu schützen. Ich brauche keinen Schutz. Von niemandem. Wenn ich sterbe, wache ich in einem neuen Körper auf. Manchmal“, beginnt Maddy und ihr Blick ruht nach wie vor auf dem LT vor uns, „wäre es mir anders lieber.“

Dann befinden wir uns auf Dagobah 2.0 und ich stehe bis zu den Knien in einem virtuellen Moor, dass sich verblüffend echt anfühlt. Nass, kalt und zähflüssig.

Um uns herum bieten bizarre Gesteinsformationen Deckung und düster wirkende Bäume, deren Blätter bis in den Sumpf reichen, versperren die Sicht.

Ein Lufthauch lässt die Äste rascheln. Es ist angenehm kühl geworden und bis auf ein seltsames Kreischen von einem der Vögel über unseren Köpfen, höre und sehe ich keine Zuschauer mehr.

„Wahnsinn“, murmle ich.

„Æinax“, murmelt Maddy.

„Wollen wir loslegen?“ Ethan deutet mit dem Kopf in eine Richtung. Ich folge ihm, während Maddy aus meinem Sichtfeld verschwindet.

„Hier ist der Startpunkt für uns. Der vom Commander ist auf der anderen Seite des Raums. Nimm deine Waffe in die Hand. Hier wird sie entsichert“, er zeigt es mir, schiebt einen kleinen Riegel an der Seite nach hinten. „Schieß auf alles, was sich bewegt. Es macht nichts, wenn du die Vögel hier triffst, aber triff nicht mich. Dann bekommt der Commander einen Punkt.“ Man merkt, dass er das nicht zum ersten Mal macht. Onkel eben.

„Ok“, versichere ich und werde nervös.

Über unseren Köpfen zählt ein Countdown von 3 Rückwerts, dann ertönt ein dumpfes Dröhnen. Ethan geht hinter einem Felsen in Deckung und späht am Rand vorbei. Ich entschließe mich erst einmal ihm zu folgen und durchquere anschließend eine der schutzbietenden Baumkronen.

Ich sehe ihn, wie er an einer Felskante vorbei späht, da erscheint auch schon Maddy hinter ihm. Bevor ich ihn warnen kann, wirbelt Ethan herum und packt die Pistole. Maddys Schuss geht in den Boden, seiner aber auch.

Es vergeht nur ein Sekundenbruchteil, dann landet mein Teammitglied mit einem Ächzen auf dem Boden. Maddy schießt abermals, dann feuert sie in meine Richtung. Schon erscheint über unseren Köpfen der Punktestand.

1:0 für Maddy.

„Man, du hast nicht mal in meine Richtung gesehen! Wie kannst du  mich da treffen?“, maule ich und verlasse den schützenden Blättervorhang.

Maddy hilft dem LT auf die Beine und zuckt dann mit einer Schulter.

„Die Blätter haben sich bewegt.“

„Das nächste Mal wird es nicht so einfach“, lächelt Ethan.

„Das hoffe ich doch“, erwidert Maddy sichtlich amüsiert.

Ethan führt mich wieder zu unserem Startpunkt. „Kein Nahkampf, darin ist sie zu gut. Was kann sie alles?“

„Gute Frage. 2 oder 3 Nahkampf-Sportarten werden es schon sein. Vielleicht auch mehr. Sie weiß es selbst nicht mehr so genau.“

Ethan runzelt kurz die Stirn und überlegt.

„Ich lenke sie ab, du schießt.“

„Sollte ich sie nicht ablenken?“
„Das erwartet sie und jetzt holen wir uns ein paar Punkte.“

Am Schluss verlieren wir trotzdem mit 25:11. Nicht weil Ethan so schlecht ist, sondern weil er mich als Teammitglied hat. Er nimm es gelassen hin.

14. Welche Person verabscheust du am meisten und weshalb?

Ich bin auf die Antwort selbst neugierig und betrete erwartungsvoll Maddys Büro. Besagte Frau starrt mich von ihrem Schreibtisch aus an, als würde sie mich jeden Moment lynchen wollen.

„Guten Morgen“, beginne ich zögernd.

„Du hast es gewusst.“ Eine Feststellung keine Frage. Maddys Stimme ist ruhig, aber ihre dunklen Augen spuken Feuer. Könnten Blicke töten, würde ich auf der Stelle umfallen.

„Ja, weißt du…“, beginne ich, doch Maddy schlägt mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. Der Knall lässt mich verstummen.

„Ich will keinen ersten Offizier auf der Io und wenn, dann will ich entscheiden, wer es ist!“

„Du hattest acht Monate Zeit dich zu entscheiden“, verteidige ich mich hastig.

„Ich lasse mich nicht übergehen“, grollt Maddy. „Mein Schiff, meine Crew, meine Entscheidung.“

„Die einzige Akte, die du in den letzten Monaten in die Hand genommen hast, war die von Ethan. Nicht nur ich habe das bemerkt, auch Admiral Melendez. Du brauchst einen XO.“

Maddy stößt langsam die Luft aus. Offenbar ein erfolgreicher Versuch sich zu beruhigen. Ihre Schultern sacken leicht nach unten.

„Was ist, wenn er mich auch hintergeht?“
„Das wird er nicht.“

„Bist du dir da so sicher?“
„Zu 99,99%.“

Maddy seufzt und kämmt sich mit einer Hand durch die kurzen, schwarzen Haare. Die Geste hat etwas verzweifeltes.

„Meine Menschenkenntnis lässt mich im Stich. Wenn ich mich bei meinem ehemaligen XO geirrt habe, dann habe ich mich vielleicht auch in anderen Dingen geirrt.“

„Und welche wären das?“ Langsam lasse ich mich in den Stuhl gegenüber von Maddys Schreibtisch sinken.

„Die Antwort auf deine Frage…“, wechselt sie das Thema. Ihr Blick fixiert einen Punkt irgendwo hinter mir an der Wand. „Am meisten verabscheue ich mich.“

„Wieso?“, hake ich irritiert nach. Das hatte ich nun nicht erwartet.

„Ich habe viele Dinge getan die notwendig waren, aber manche davon…“ Sie macht eine kurze Pause. „Jetzt endet der Krieg.“ Ihre dunklen Augen suchen meinen Blick. „Die Sklerak wollen Friedensverhandlungen aufnehmen. Das haben sie noch nie getan. Wenn dieser Krieg endet, war dann alles, was ich getan habe, sinnlos?“

„Ein Krieg ist immer sinnlos, Maddy. Aber, das was du getan hast, hat Menschleben geschützt.“

Maddy nickt langsam, dann steht sie auf und zieht ihre Uniformjacke glatt. Als sie das nächste Mal spricht, ist wieder ganz Soldat. Ernst, streng und gefasst.

„Wir brechen bald auf. Ich muss noch einiges erledigen.“

15. Bist du in der Lage zu töten? Wenn ja, unter welchen Umständen?

 

Man merkt, dass die Geschichte noch nicht ausgearbeitet ist.
Eigentlich wollte ich euch jetzt mit auf Maddys Schiff nehmen. Aber mein Mann hat mich netterweise darauf hingewiesen, dass es einen himmelweiten Unterschied zwischen einer Yacht und einer Fregatte gibt – und ich die beiden nicht in einen Topf werfen kann.
Mir wäre es klein und überschaubar lieber. Aber fragen wir doch einfach Maddy, sie ist schließlich die Soldaten.
Mit diesem Gedanken spaziere ich also nicht ins SOL-Hauptquartier, sondern auf den Raumhafen zu, auf dem die „kleineren“ Schiffe stehen.
Maddy steht auf einem der Gehwege, die die Lande- und Abflugkontrolle umgibt. Das Gebäude ist keinen Deut kleiner, als das SOL-Hauptquartier, dafür sehr viel höher.
Über und unter uns herrscht reges Treiben. Kleinere Shuttle und Raumjäger bewegen sich über unseren Köpfen, während unter uns ein Aufklärer von mehreren Drohnen bei der Ladung unterstützt wird.
Das Rauschen der Triebwerke vibriert unangenehm in meinem Brustkorb. Es ist wie ein tiefer, viel zu lauter Bass.
Ich geselle mich zu Maddy und werfe einen Blick in die Ferne. Es ist unmöglich das Ende des Raumhaftens zu erkennen. Unzählige Private Frachter und SOL-Schiffe glänzen in der strahlenden Sonne von Orphao.
„Was ist dir lieber? Eine Fregatte oder eine kleine, überschaubare, handliche Yacht?“
„Fregatte“, erklärt Maddy wie aus der Pistole geschossen und ich ächze auf.
„Jetzt komm schon. Die Yacht ist ausgearbeitet, ich kenne da jeden Raum. Bei der Fregatte muss ich von vorn anfangen! Außerdem brauchst du mehr Leute - sehr viel mehr.“
„Eine Fregatte hat eine bessere Antriebsleistung, stärkere Schilde und überhaupt eine Bewaffnung. Eine Yacht hat dagegen gar nichts.“
„Du könntest doch irgendwas einbauen lassen“, starte ich einen letzten Versuch.
„Und bei der Beschleunigung Gefahr laufen, dass die Bewaffnung abreißt? Nein, danke. Hier ist eine Liste der Crew.“ Sie hält mir ein Datenpad entgegen.
„Du machst Witze, bis gestern konntest du dich nicht entscheiden, wer dein neuer XO wird und jetzt hast du eine Liste von 100 Crewmitgliedern?“
„Es sind nur 94. Khayri und die anderen bleiben und der Admiral hat mir meinen XO schon zugeteilt“, grummelt sie immer noch missmutig über diese Tatsache. „Ich will die.“
Sie zeigt auf ein schnittiges, silbern glänzendes Schiff, mit goldenen Einschlüssen an der Außenhülle. Es sah nagelneu aus. Erstaunt ziehe ich die Augenbrauen hoch.
„Du hast einen gewissen Hang zur Opulenz, kann das sein?“
„Es gehört Commander Aimes. Ich will es.“
„Du magst den Typen nicht…“
„Er ist ein Arsch. Ich will das Schiff.“
„Von mir aus“, stöhne ich.
„Einfach so?“ Maddy sieht mich misstrauisch von der Seite an.
„Es ist meine Geschichte. Ich kann machen, was ich will – oder was du willst.“ Meine Protagonistin hat mich anscheinend gut im Griff…
„Warte ab, was passiert, wenn ich das jetzt ändere. Du befehligst das Schiff, samt der Crew dann seit drei Jahren.“ Ich schnippe mit den Fingern.
„Du hast es kaputt gemacht“, erklingt Maddys vorwurfsvolle Stimme.
„Du hast es kaputt gemacht“, stelle ich richtig, „Immerhin trägt es dich seit drei Jahren durch Gefechte. Was erwartest du?“
Die glänzende Außenhülle ist stumpf, an manchen Stellen sogar schwarz. Von dem glänzenden Gold ist kaum noch etwas zu erkennen. Mehrere Stellen der Außenhülle wurden gerade von Mechanikern geflickt.
Das breite Hangartor steht offen und mannshohe Kisten werden verladen.
„So viel zu luxuriösen Quartieren“, murmle ich. Maddy zuckt nur mit einer Schulter und wirkt zufrieden.
„Beantworte mir wenigstens noch die heutige Frage, bevor ich mich um die Raumaufteilung deines Schiffes kümmern darf. Bist du in der Lage zu töten? Wenn ja, unter welchen Umständen?“
Maddy lacht humorlos auf. „Ist das ein Scherz? Die Antwort darauf ist ein klares ja, wenn es ein Befehl ist. Und manchmal auch ohne.“

 

 

16. Wenn du wüsstest, du würdest in 24 Stunden sterben,

was würdest du in der verbleibenden Zeit tun?


„Also, das mit der Fregatte müssen wir nochmal ausdiskutieren“, beginne ich und betrete Maddys Quartier auf der SVV Io.
Es ist hell, groß und sauber. Im vorderen Bereich steht ein ausladender Schreibtisch, eine kleine Sitzecke mit Sesseln und niedrigem Tisch und eine Grünpflanze, die vom Boden bis der Decke reicht. Eine schier unübersichtliche Anzahl an Pflanzen verteilen sich allein in ihrem Büro. Ich will nicht wissen, wie der Rest ihres Quartiers aussieht. Eine davon fasziniert mich besonders. Die Blätter sind durchsichtig, nur die feinen Blattadern zeichnen sich in milchigem Weiß ab. Ich berührte die samtene Oberfläche und ein wahres Blitzlichtgewitter von Weiß, über Blau bis hin zu Violett explodiert in dem Blatt.
„Das ist eine Pflanze der Gelidaja und ich gebe dieses Schiff nicht mehr her.“
„Du kannst nicht unter dem Schirm fliegen, wenn du hundert Leute hier hast, die von der SOL bezahlt werden. Ich dachte da an einen Frachter, wie der Falke oder die Serenity.“
Maddy verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich will keine Ente.“
„Du bekommst eine andere Schiffsform und ich verspreche dir, diese schnittige Fregatte bekommst du später in der Geschichte.“
Maddy presst die Lippen aufeinander. Irgendwann einigen wir uns schon noch. Zumindest hoffe ich das und umrunde den milchigen Sichtschutz. Dahinter steht ein Sideboard, vollbeladen mit Pflanzen, ein Bett und eine Aussichtsluke, die im Moment den Raumhafen zeigt.
Das Quartier erinnert an ein Gartencenter – ein skurriles Gartencenter. Mindestens die Hälfte der Pflanzen kann nicht von der Erde stammen. Seltsame Blattformen, von eckig bis kugelig, reihen sich aneinander. Die Farbpalette reicht von einem dunklen, beinahe schwarzen, Grünton bis hin zu einem strahlendem Weiß.
Maddy ist mir gefolgt und ich stelle ihr die heutige Frage.
„Wenn ich sterbe, wache ich sowieso wieder auf“, erklärt sie und ich seufze.
„Und, wenn das nicht mehr passiert. Wie würde dein letzter Tag aussehen?“
Maddy zieht nachdenklich die Augenbrauen zusammen und lehnt sich mit der Hüfte gegen das schneeweiße Sideboard in ihrem Rücken.
„Es kommt darauf an. Ich will nicht in einem Bett sterben, alt oder todkrank vor mich dahinsiechend. Ich will bestimmen, wann und wie ich sterbe. Bevorzugt mit einer Waffe in der Hand auf einem Einsatz. In den letzten 24 Stunden will ich so viele Momente wie möglich erleben, in denen ich mich lebendig fühle. Auf einem Einsatz ist es das Adrenalin, man spürt seinen Körper und ist sich jede Sekunde bewusst. Ansonsten“, sie zuckt mit einer Schulter und ein winziges Lächeln schleicht sich in ihre Mundwinkel, „mit einem guten Kampf, Alkohol und dem ein oder anderen gutaussehenden Mann.“
„Würdest du dich von niemandem verabschieden wollen?“
„Von wem?“ Maddy stütz sich mit den Handflächen an den Kanten des Sideboards ab. „Jeder den ich einmal geliebt und jeder, dem ich einmal wichtig war, ist tot. Versteh mich nicht falsch, ich mag meine Crew, ich brenne für meine Mission, aber ich sehe es als erleichternd, zu wissen, dass mein Leben enden würde.“

 

 

17.Was denkst du, war bisher das wichtigste Ereignis in deinem Leben?


Maddy ist nicht in ihrem Büro im SOL-Hauptquartier, noch in ihrem Quartier auf der Io.
Also sehe ich mich etwas ratlos auf dem hellen Flur um. Es ist immer noch die schnittige Fregatte, weil Maddy sie mich nicht ändern lässt!
Zugegeben, es ist ein hübsches Schiff. Hier und da erkennt man leichte Blessuren, aber alles in allem sieht sie in meinen Augen hochmodern aus.
Eine Bewegung an einer Flurbiegung fordert meine Aufmerksamkeit. Ich entdecke Ethan, in seiner Galauniform, samt dem Pelerine – einem kurzen Cape – dass über seiner linken Schulter liegt. Goldene Abschlüsse, säumen seine Jacke, die Rangabzeichen auf seiner Schulter sind unübersehbar und das verschnörkelte SOL-Symbol prangt auf der rechten Seite seiner Brust.
Ich habe schon immer eine Schwäche für Uniformen. Erstrecht, wenn ein gutaussehender Mann darin steckt. Da stört die Narbe um sein Augen kein bisschen, ganz im Gegenteil.
Er lächelt mir zu und mir bleibt die Spucke weg.
Bevor wahlweise meine Knie nachgeben oder ich ihn nach Maddy fragen kann, erkenne ich eine Gelidaja hinter ihm.
Sie folgt dem Lieutenant, in unzählige, bodenlange, kobaltblaue Stofflagen gekleidet.
Die Robe umhüllt sie wie eine seidige Wolke. Auf der glänzenden Oberfläche sind feine, weiße Muster aufgebracht, so kompliziert und gleichzeitig verspielt, dass ich mehrere Stunden damit hätte verbringen können, sie zu betrachten.
Die Gelidaja bewegt sich elegant, schwebt geradezu über den Boden. Ihre durchsichtige Haut, unter der immer wieder blasse Funken aufblitzen, erinnern an schimmernde Polarlichter.
Die hellen Augen mit den blassen Pupillen streifen mich kurz. Ihr Gesicht ist eine starre Maske. Nur die zartblauen Lippen bilden ein anhaltendes, kühles Lächeln.
Hastig mache ich einen Schritt an die Wand und lasse Ethan und die Gelidaja passieren. Erst jetzt bemerke ich die anderen Gelidaja, die ihr folgen. Nicht so elegant gekleidet und mit breiten, gebogenen Energiewaffen ausgestattet, aber genau so anmutig.
Ethan betritt eines der gegenüberliegenden Quartiere. Außer zwei Gelidaja, die sich rechts und links vor dem Eingang positionieren, folgt ihm der Rest.
Es dauert nicht lange und Ethan taucht wieder im Flur auf. Er steuert mich an und atmet hörbar aus.
„Botschafterin Angdré-Heria-L´gab. Sie soll die Friedensverhandlungen zwischen den Sklerak und den Menschen leiten.“
„Wie lange hast du für den Zungenbrecher geübt?“, frage ich belustigt.
Ethan lächelt: „Nicht so lange wie es notwendig gewesen wäre.“
„Dafür klingt es gut.“
„Ich habe drei Fehler in der Aussprache ihres Namens gemacht. Die Botschafterin hat mich sachlich darauf hingewiesen.“ Er zuckt mit einer Schulter. „Immerhin nimmt sie es mir nicht übel. Sie meint, dass passiert vielen Menschen.“
„Weißt du zufällig wo Maddy ist?“
„Sie hat etwas von Bibimbap“, er runzelt nachdenklich die Stirn, „ja, Bibimbap gesagt und, dass sie endlich einen Koch auf dem Schiff hat. Vermutlich wollte sie sich nur nicht mit der Botschafterin herumschlagen.“
„Sie hat es nicht so mit Diplomaten“, stimme ich zu. „Also, wo geht’s in Richtung Messe?“
„Hier entlang.“ Ethan geht voran und führt mich zielstrebig ein Deck tiefer. Hier befinden sich neben dem Hauptgefechtstand im Bug des Schiffes, Waschräume, Mannschaftsunterkünfte, eine Kombüse, Mannschaftsmesse und ein Steuerboard-Beobachtungsdeck mit einer Bar und einem Billardtisch.
Die Messe ist überraschend klein. Es stehen nur vier Tische mit jeweils 8 Stühlen darin, die wenigsten waren im Moment besetzt.
Es riecht köstlich, nach würzigem Gemüse, Reis und gebratenen Eiern.
Maddy sitzt in der Nähe der Aussichtsluke, eine große, dampfende Schale vor sich, in ein Datenpad vertieft.
Sie schiebt sich gerade eine voll beladene Gabel mit gedünsteten Karotten und Spinat in den Mund, als ich mich ihr gegenüber auf den Stuhl fallen lasse.
„So langsam wird mir klar, warum du dieses Schiff willst. Es macht mehr her für die Botschafterin.“
Sie sieht auf, dann huschen ihre Augen zu ihrem ersten Offizier.
„Die Botschafterin ist in dem ihr zugewiesenen Quartier, Commander“, berichte Ethan zügig.
Maddy nickt kauend und nuschelt: „Gut gemacht.“
„Ich will auch sowas“, stelle ich mit einem Fingerzeig auf Maddys Essen klar.
„Ich hole dir etwas“, bietet Ethan an und ich drehe mich hastig zu ihm um.
„Iss mit uns.“
Seine dunklen Augen huschen kurz zu Maddy, die kaum merklich nickt, dann macht er sich auf den Weg zur Essensausgabe. Hastig drehe ich mich wieder zu meiner Protagonistin.
„Sag mir, dass er auf dich die gleiche Wirkung hat, wie auf mich. Die Uniform ist der Wahnsinn!“
„Ich sehe jeden Tag Soldaten in Uniform. Da ist er keine Ausnahme“, erwidert Maddy gelassen und schiebt sich die nächste voll beladene Gabel in den Mund.
Ich seufze ergeben.
„Kommen wir zur heutigen Frage: Was war bisher das wichtigste Ereignis in deinem Leben?“
Maddy überlegt kauend, dann antwortet sie: „Das Angebot von Admiral Melendez, ein eigenes Kommando zu führen. Als Mensch, nicht als Klon. Seitdem sehen die Menschen nicht mehr auf mich herab, sondern behandeln mich wie Ihresgleichen.“
„Keiner auf deinem Schiff weiß, dass du ein Klon bist? Nicht einmal Dr. Donnelly oder Khayri deine Pilotin, oder Cam?“
„Nein, niemand, bis auf meinen ehemaligen XO. Er war selbst einer. Aber sonst weiß es keiner und das soll auch so bleiben.“
Sie verstummt, als sich Ethan neben mich setzt und mir kommt da eine ganz, ganz fiese Idee.

 

 

18. Was war das Peinlichste, was dir je wiederfahren ist?

Ich spreche diese Warnung nicht leichtfertig aus. Aber diesmal ist es vermutlich notwendig.
Während des Lesens dieses Textes nichts essen oder trinken.
Akute Verschluckungsgefahr. ;-)

 

Maddy ächzt. „Die verdammte Wette gegen Santos zu verlieren.“
„Weil“, bohre ich nach.
„Von mir erfährst du nichts. Vorher sterbe ich“, erwidert Maddy düster.
„Da haben wir alle so unsere Geschichten“, schaltet sich Ethan ein, der – warum auch immer – mit uns gegessen hat und zu seinem Wasserglas greift.
„Dann erzähle uns dein peinlichstes Erlebnis“, fordere ich ihn auf und Ethan stutzt. Damit hat er wohl nicht gerechnet.
„Naja“, beginnt er langsam, „Es herrscht ziemlicher Konkurrenzkampf unter den Offiziersanwärtern. Dazu hatte ich dank Oxford auch noch gute Chancen aufgenommen zu werden. Das 24 Stunden Übungsmanöver im luftleeren Raum stand an und ich habe nicht bemerkt, dass mir einer der anderen Anwärter ein Abführmittel ins Essen getan hat.“
„Oh, nein!“, stöhne ich und drücke meine Hand auf die Stirn. Ethan lacht leise.
„24 Stunden können in einem Raumanzug lange sein und ein Abbruch kam einem Scheitern gleich, also hieß es: Augen zu und durch.“
Maddy schüttelt langsam den Kopf und ihr entweicht ein tadelnder Laut. „Ich hoffe, derjenige, der dafür verantwortlich war, wurde rausgeworfen.“
„Das war wirklich fies“, pflichte ich Maddy bei.
„Ich habe kein Wort darüber verloren“, gestand Ethan, „Es haben aus meiner Klasse von insgesamt 42 Anwärtern, nur 2 bestanden.“
Dann erklingt ein lautes: „Hey, Estrellita!“, quer durch die Messe, „Tambien un cafe?“
Aus dem Augenwinkel entdecke ich Maddys knappes Nicken, während ich mir beinahe den Hals verrenke, um die Quelle der Stimme auszumachen. Es ist Santos, der sich gerade an der Essensausgabe zwei Tassen Kaffee geben lässt.
„Hey, Amigos!“ Santos lässt sich neben Maddy auf einen Stuhl sinken und schieb ihr die dampfende Tasse zu. Ich stelle zwei Dinge fest. Ethan gefällt der flapsige Ton, den Santos gegenüber Maddy anschlägt nicht. Aber der LT spricht es nicht an. Er wirft Santos nur einen düsteren Blick zu.
Zweitens, der tätowierte Adler auf Santos Oberarmen sieht beeindruckend aus. Unter dem ärmellosen Shirt sehe ich zwar nur den Kopf und auf der anderen Seite eine Flügelspitze. Dennoch wirkt der Adler lebensecht und je nach Blickwinkel ändert sich das Tattoo, als würde sich der Adler bewegen.
Muskeln hat Santos auch nicht zu wenig. Er schenkt mir das Lächeln eines Mannes, der weiß, wie er auf Frauen wirkt, lehnt sich zufrieden zurück und verschränkt die Hände hinter dem Kopf.
„Alles klar?“
„Der Mann der Stunde“, begrüße ich ihn, „Was ist Maddys peinlichstes Erlebnis. Es hat irgendetwas mit einer Wette und dir zu tun.“
Bevor Santos überhaupt Luft für eine Erwiderung holen kann, fährt Maddy dazwischen.
„Ein Wort und ich lasse Sie jede Energiespule auf diesem Schiff einzeln schrubben.“
Santos grinst. „Tut mir leid, Bichito, ich kann dir nicht helfen.“ Dank dem Google-Wörterbuch weiß ich, dass er mich gerade Marienkäfer genannt hat. Ich seufze und kann ihm nicht böse sein.
„Ihre Uniformjacke fehlt, Santos.“
„Tut mir leid, Commander. Kommt nicht wieder vor.“
„Was war dein peinlichstes Erlebnis“, frage ich Santos, stütze mein Kinn auf einer Hand ab und betrachte fasziniert den Adlerkopf. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich der Adler jeden Moment in die Lüfte schwingt.
Santos entweicht ein amüsiertes Schnauben. „Ich war für Landurlaub auf der Erde und bin mit ein paar Jungs aus meinem Trupp um die Häuser gezogen. In einer Bar sah ich eine rassige Blondine. Figur wie eine Sanduhr.“ Santos formte zur Untermalung seiner Worte, besagte Figur mit den Händen in die Luft nach, „Beine bis zum Himmel. Ein Arsch wie…“ Ethan neben mir entweicht ein kaum hörbares, missbilligendes Schnauben. Maddy verdreht die Augen.
Santos schmückt das Ganze noch eine Weile aus, bis er schließlich mit einem „Sie war eine wahre Diosa“, endet. „Wir verbrachten die Nacht zusammen. Es war der cielo auf Erden.“
„Kommen Sie zum Punkt“, entweicht es Maddy, die heute anscheinend keine Geduld für uferlose Ausschmückungen hat. Santos grinst breiter.
„Am nächsten Tag traf ich mich mit meinem Vater. Ein Familienessen, wie wir es jedes Mal abhielten, wenn ich auf der Erde war. Er stellte mir seine neue Verlobte vor.“
„Das war die Frau, mit der du die Nacht verbracht hast“, komme ich ihm zu vor.
“Exactamente. Sie lief rot an und tat so, als würde sie mich nicht kennen. Ich spielte das Spiel mit, bis ich meinen Padre allein sprechen konnte. Ich bin mir nicht sicher, auf wen er wütender war.“ Santos macht eine hilflose Geste. „Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass mein Vater und am Ende die gleichen Medikamente einnehmen durften.“
„Chlamydien?“ Die Frage kommt von Ethan, der Santos letztem Satz mit sichtlicher Genugtuung zuhörte.
„Was geht, Leute?“ Khayri, Maddys Pilotin, springt neben mir auf den Stuhl und setzt sich auf die Kante der Rückenlehne. Ihre weißen Dreadlocks sind zu einem Pferdeschwanz gebunden und die offen stehende Uniformjacke gibt den Blick auf ein weißes Tanktop frei. Genüsslich beißt sie in einen Apfel.
„Wir unterhalten uns gerade über die peinlichsten Momente im Leben“, erkläre ich.
Auf Khayris Dekolleté prangt ebenfalls ein Tattoo. Sterne, oder eine Sternenkonstellation und ein recht klobiges Raumschiff in dessen Mitte.
„Hm, das is´ einfach“, nuschelt Khayri mit vollem Mund, „war bei der Weihefeier meiner Mutter. Die Gelidaja tragen die Roben selbst zum Schlafen. Körperformen zu zeigen ist schon ein Frevel. Jeder Zentimeter Haut, bringt einen der Willkür näher. Eigentlich hätt´ ich auch sowas anziehen sollen, hab´ mich dann aber für Leggings und Shirt entschieden. Nach der Feier hab´ ich mit ein paar der Kids gespielt und die Leggings ist im Schritt gerissen.“
„Was solls, Campanilla. Deine Momia sollte das schon gewohnt von dir sein“, wirft Santos ein, doch Khayri giggelt.
„Hatte die Unterwäsche vergessen.“
Maddy entweicht ein verhaltenes Lachen. „Wenn Sie die Io weiterhin so sicher durch jedes Gefecht bringen, können Sie das von mir aus auch nackt tun.“
„Dios mío, Estrellita“, stöhnt  Santos auf, „bringen Sie unsere Pilotin nicht noch auf solche Ideen. Die halbe Mannschaft würde ihre Arbeit vergessen.“ Er zwinkert Khayri zu, die ihm grinsend die Zunge rausstreckt.
„Vor allem du, Cam, was?“
„Würde mir nie einfallen, Campanilla!“
„Ganz davon abgesehen, verstößt es gegen ein halbes Dutzend SOL-Vorschriften“, wirft Ethan ein.
„Spielverderber“, lache ich. Ethan nimmt es entspannt hin.
„Einer muss es sein.“
„Also kein Exhibitionismus auf meinem Schiff, Khayri“, erwidert Maddy sichtlich amüsiert.
„Dafür musst du mir das Tattoo-Studio zeigen, das dir diesen Adler gestochen hat“, wende ich mich an Santos. Ich bin mir sicher, dass da irgendeine Technologie dahinter steckt.
„Sicher, Bichito, der ist auf Lilithos.“
„Ah“, unterbricht Khayri ihn, „war das nich´ der Laden, in dem du dem Commander das Einhorn auf ihrem Hinterteil aufgeschwatzt hast?“
Ethan neben mir verschluckt sich an seinem Wasser, während Santos ein leiser Fluch entweicht. Bei Maddys belämmertem Gesichtsausdruck kann ich nicht anders und lache schallend los.
„Eigentlich ist es ein Pegasus Einhorn“, stellt Santos grinsend richtig und fängt sich einen vernichtenden Blick von seinem Commander ein.
„Wenn das verdammte Vieh wenigstens eine Waffe in den Hufen halten würde…“

 

 

19. Was ist deine schönste Erinnerung? Was deine Schlimmste?

 

Heute sind wir wieder unter uns in Maddys Quartier auf der SVV Io.
Außer die Pflanze neben mir, mit den Punkten auf den fleischigen Blättern, die irritierend an Augen erinnern, zählt auch.
„Die schlimmste Erinnerung…“, beginnt Maddy und lehnt sich in dem weichen Sessel zurück, während ich versuche den tastenden Saugnäpfen der Pflanze auszuweichen. „Das war der Tag, an dem ich Maila verloren habe.“
„Sie war eine deiner Schwestern“, ergänze ich und stütze mich auf die Armlehne, weit weg von der kuriosen Pflanze. Ich bin mir sicher, ein frustriertes Rascheln zu vernehmen.
Maddy nickt. „Sie war die Erste, die gefallen ist. Es war ein Mond, am Rand des Kappa Quadranten. Wir waren nicht darauf vorbereitet. Maila ging zu Boden. Sie war durchlöchert wie ein Sieb. Ihr Raumanzug hat die Durchbrüche geschlossen, genau wie ihre Wunden. Aber ihre Lungen füllten sich mit Blut. Sie hatte Schmerzen, hat gekrampft, hat versucht sich den Helm abzunehmen. Sie bekam keine Luft mehr. Ich… hielt sie fest.
Den Ausdruck in ihren Augen werde ich nie vergessen. Sie hat gewusst, dass sie sterben wird und sie hatte Angst davor. Von einem Moment auf den anderen war sie fort, ihre Augen leblos. Es hat geschmerzt, sehr sogar.“
„Und deine schönste Erinnerung?“
Maddy holt langsam Luft.
„Das war auf irgendeinem Raumhafen. Ich weiß nicht mehr wo, es ist lange her. Ich kam von einer Mission. Zusammen mit einigen anderen Klonen, die, die überlebt hatten. Die meisten Menschen beachten Klone nicht. Diejenigen die es tun, betrachten uns mit Missbilligung, Verachtung. Wir sind ein Werkzeug und dieses Werkzeug sollte man nicht „vermenschlichen“. Die SOL hat dafür gesorgt, die Religionen taten ihr Übriges. Wir waren Tankbruten, künstlich geschaffen. Nichts natürliches, oder gottgegebenes. So behandeln sie uns noch heute.
Damals, ich war auf dem Weg von einem Schiff zum nächsten, rollte ein Ball vor meine Füße. Die letzte Mission war… intensiv gewesen. Mein Kopf war wie in Watte gepackt. Ich bin stehen geblieben und habe diesen bunten Ball angestarrt. Ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen, ihm auszuweichen, oder aufzuheben.“ Maddy lächelt schwach. „Dann kam dieser kleine, vielleicht dreijährige Junge. Nahm den Ball, sah zu mir auf und strahlte mich mit großen Rehaugen an. Er sagte nur: Danke.“ Maddy strich sich mit einer Hand über die Nasenspitze und räusperte sich.
„Ich weiß nicht, wieso er das sagte. Ein Knirps wie er, konnte unmöglich wissen, was ich alles getan hatte. Was wir alle getan hatten, um Menschenleben zu schützen. Er konnte es nicht wissen, aber in diesem Moment hat er mir mehr Wertschätzung entgegen gebracht, als die gesamte Menschheit Zeit meines Lebens. Er hat mir das Gefühl gegeben... wichtig zu sein.“

 

 

20. Welches Tier wärst du und warum gerade dieses?

 

So langsam kam Leben in die SVV Io. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das Schiff durchläuft ein tiefes Brummen, kaum hörbar, dafür deutlich zu spüren.
Auf der Brücke herrscht kontrollierte Hektik und mitten drin steht Maddy. Das Kampf- und Informationszentrum beherbergt nur an den Außenwänden deckenhohe Computerkonsolen und Sitzplätze.
In der Mitte des Raumes befindet sich eine runde Stehkonsole, die von allen Seiten zugänglich ist. Darüber schwebt in dunklen Blau- und matten Weißtönen eine holographische Galaxiekarte mehrere Sonnensysteme.
Maddy betrachtet gerade eine ihr angezeigte rote Linie und schüttelt den Kopf. Die rothaarige, junge Frau mit der blassen Haut daneben ist E.V.E.´s Androidenkörper.
Ethan entdecke ich auf der anderen Seite der Galaxiekarte, den Blick auf einen weiteren Bildschirm gerichtet.
„Wir fliegen nicht durch die Vamiza Spirale. Friedensverhandlungen hin oder her, ich durchquere kein Gebiet der Sklerak. Berechnen Sie einen neuen Kurs E.V.E.“
„Verstanden, Commander.“ Die KI verschränkte die Arme hinter dem Rücken und binnen eines Augenblicks ändert sich die rote Linie auf dem Hologramm.
Maddy nickt zufrieden. „Leiten Sie den Kurs an Khayri weiter.“
„Verstanden, Commander.“
„Shaw!“ Maddy sieht nicht einmal auf, als Ethan neben sie tritt, ein Datenpad in der Hand.
„Die Impulssignaturwellen sind im Normalbereich, Commander. Scheint, als hätte Ipps es hinbekommen.“
„Natürlich hat sie das. ETD um 1200.“
„Aye, Commander.“ Ethan wendet sich wieder einem der Bildschirme zu und ich lehne mich neben Maddy an die hüfthohe Konsole. Sie wirft mir einen skeptischen Blick zu.
„Ich merke schon, du hast keine Zeit. Trotzdem, welches Tier wärst du gerne?“
„Solange es kein Einhorn ist, soll mir alles recht sein.“
„Warum nicht? Ein schwarzer, feuerspuckender Pegasus. Der wäre genau so furchteinflößend, wie du“, erwiderte ich amüsiert.
„Diaea ergandros“, schaltet sich E.V.E. ein, „die australische Krabbenspinne, besitzt eine hohe Opferbereitschaft und einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Sie scheint mir dem Commander am ähnlichsten.“
„Von mir aus“, erwidert Maddy abwesend, ihr Blick ruht auf einem Datenpad, dann dreht sie sich um und geht zu einer der Konsolen an den Außenwänden.
Ethan lehnt sich mit einem Lächeln zu mir und flüstert so leise, dass es Maddy unmöglich hören kann. „Ein schwarzer Jaguar. Gefährlich, aber schön.“

 

 

21. Wovor hast du am meisten Angst? Hast du irgendwelche Phobien?

 

Es ist etwas seltsam, in dem Steuerboard-Beobachtungsdeck auf der SVV Io zu sitzen und um halb neun Morgens einigen von Maddys Crewmitgliedern dabei zuzusehen, wie sie sich an der Bar ein paar Gläser gönnen.
„Das ist die Nachtschicht“, erklärt mir Ethan auf meinen kritischen Blick hin.
„Außerdem gibt es hier keinen Alkohol an Bord“, schaltet sich Maddy ein.
„Außer man fragt Galani“, wirft Santos gut gelaunt ein. Ethan verdreht die Augen, zumindest vermute ich es. Er hat das Gesicht zur Seite gedreht und ächzt auf.
„Das habe ich jetzt nicht gehört, Santos“, erwidert Maddy entspannt.
„Aye, Commander.“ Santos zwinkert mir verschwörerisch zu. Er scheint sich seiner Sache ganz sicher zu sein, das Maddy diesen Vorschriftenverstoß nicht weiter verfolgt. Ethan dagegen scheint nicht begeistert zu sein.
Ein raues Lachen erklingt. Das ist Oliver Donnelly, der Arzt auf der Io. Er sitzt inmitten unserer illustren Runde. Eine noch ungenutzte Zigarette im Mundwinke.
„Da gibt es so einiges, was wichtiger ist, als Vorschriften, Junge.“ Donnelly klingt wie ein alter Texaner mit 2 Promille im Blut. Er meint Ethan, der wiederum kommentarlos nickte. Scheint, als hätte er noch einen schweren Stand in Maddys Kerncrew.
Klar, er war der Neue.
„Also,“ beginne ich und wende mich direkt an den alten, brummenden Texaner-Arzt mir gegenüber.
„Vor was hast du am meisten Angst, Oliver?“ Ich nehme mir heraus meine Figuren zu duzen, sie dürfen es ja auch.
Die silbergrauen Augen richten sich auf mich. Der Zug um seine Lippen verhärtet sich kurz. „Unnütz zu sein. Nicht mehr gebraucht zu werden“, erwidert er schließlich nuschelnd und bewegt dabei kaum seine Lippen. Die Zigarette in seinem Mundwinkel zuckt nicht einmal.
„Stattdessen sind sie aktuell auf einem Paradeschiff der SOL mit einer diplomatischen Mission“, scherzt Maddy.
„Wird bestimmt noch spaßig! Diese blauhäutigen, hihos de puta! Denen ist nicht zu trauen.“
„Vor was hast du Angst?“, fragte ich Santos, bevor er in eine ausschweifende Schimpftirade verfällt.
Er zieht eine gequälte Grimasse: „Enten.“
„Wie Enten?“, hake ich irritiert nach und Santos zuckt mit einer Schulter.
„Auf dem Hof meiner Abuelita, gab es Enten. Diese maldición Vögel haben mich als Kind ständig gejagt und gezwickt. Ich hatte überall blaue Flecken. Seitdem gehe ich ihnen aus dem Weg, Bichito.“ Nicht nur ich habe ein breites Grinsen im Gesicht, bei der Vorstellung, dass dieser Kraftprotz von einem Mann vor einer kleinen Ente davon rennt.
„Was ist mit dir, Maddy?“ Ich stütze mich auf die Armlehne des Sessels und neige mich zu ihr.
„Wasser. Ich kann nicht schwimmen und unter Wasser bekomme ich Panik. Verrückt, weil ich kein Problem damit habe, im Weltall spazieren zu gehen, aber Wasser macht mir Angst.“
Nachvollziehbar. Ich sehe wie die meisten unserer kleinen Runde zustimmend nicken. Vermutlich kann hier keiner schwimmen. Außer Santos vielleicht. Die Chancen stehen ganz gut, weil er auf der Erde aufgewachsen ist. Dort gibt es immer noch genug Gewässer, um es üben zu können. Aber in einem Versorgungs-Wassertank darf man nicht schwimmen gehen.
„Also ich habe Angst vor Spinnen und großen Höhen. Was ist mit dir?“ Ich werfe Ethan einen Blick zu, der sich ein gezwungenes Lächeln abringt.
„Vor ein paar Jahren wurde Anthartha angegriffen, eine unserer Kolonien. Mein Schiff kam zu spät, um in den Kampf einzugreifen, stattdessen halfen wir die Verletzten und Toten zu bergen.“ Er machte eine kurze Pause. „Eines der zerstörten Gebäude war ein Kindergarten. Davor habe ich Angst. Ich will so etwas nie wieder sehen. Nie wieder.“

 

 

22. Wenn du dir eine übernatürliche Fähigkeit aussuchen könntest,

was würdest du wählen?

 

Auf der SVV Io gibt es einen kleinen Fitnessraum, nicht weit von der Messe entfernt. Maddy hat sich hier offenbar verausgabt – oder eher sie die anderen. Ich sehe Santos auf einer der dicken Trainingsmatten liegen und nach Luft schnappen. Ein anderer, ich glaube es ist Corporal Marques, stützt sich nach Luft schnappend an der nächstbesten Wand ab. Immerhin steht er noch.
„Du hast ihnen aber nichts gebrochen, oder?“, frage ich Maddy, die sich ein Handtuch um den Nacken legt. Nicht, dass sie sonderlich verschwitzt wäre.
„Natürlich nicht. Was ist die heutige Frage?“
„Wenn du dir eine übernatürliche Fähigkeit aussuchen könntest, was würdest du wählen?“
Maddy hebt die Augenbrauen.
„Ich habe eine. Soll ich mir noch eine aussuchen?“
„Die Fähigkeit hast du dir nicht ausgesucht. Welche hättest du gerne, wenn du sie dir aussuchen könntest.“
Maddy greift nach ihrer Wasserflasche und verlässt mit mir den Trainingsraum. „Alles zu vergessen, was war und sich selbst in einem neuen, friedlicheren Leben wieder zu finden.“

 

 

23. Wenn du etwas an dir ändern könntest, was wäre das?

 

Wir sitzen in Maddys Quartier und ich stelle ihr die heutige Frage.
„Noch vor wenigen Jahren wären es meine Augen und die Codes an meinen Handgelenken und im Nacken gewesen. Aber jetzt…“ Maddy zuckt mit einer Schulter. „Ich habe Fehler, Schwächen und Makel, so wie jeder Mensch.“ Sie betont das letzte Wort abfällig. „Ich lebe schon sehr lange mit mir und habe größtenteils meinen Frieden damit gemacht. Wenn jemand ein Problem mit mir hat, muss er sich nicht in meiner Nähe aufhalten.“
„Jetzt machst du mich neugierig. Was sind deine Fehler, Schwächen und Makel. Ich sehe nämlich nur deine Stärken.“
Maddy presst ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
„Makel? Äußerlich? Ich gehe nicht als besonders weiblich durch.“ Stimmt schon, denke ich. Sie ist durchtrainiert. Nicht wie eine Bodybuilderin, aber sie ist sehnig und schlank. Sicher hat sie kein Gramm Fett am Körper, was ihr Gesicht nur noch kantiger wirken lässt. Die kurzen Haare, tun ihr übriges und lassen sie etwas burschikos aussehen.
Einige der dunklen Strähnen fallen ihr in die Stirn, die Seiten sind so kurz, dass ihre Ohren frei sind. Zusammen mit dem stechenden Blick und dieser unterschwelligen, bedrohlichen Aura, die sie umgibt, wirkt sie eindeutig nicht, wie ein zerbrechliches, zartes Mädchen.
„Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters“, erwidere ich lächelnd und Maddy zuckt abermals mit der Schulter, als wäre ihr Äußeres belanglos.
„Meine Schwächen…“ Maddy seufzt leise, „ich bin pedantisch ordentlich. Außer in meinen Schubladen, da herrscht geordnetes Chaos. In jeder dieser Schublade befindet sich eine angerissene Packung Gummibärchen.“ Maddy lächelt schwach. „Die Sauren, nicht die Süßen. Ohne die, bin ich unausstehlich. Ich erwarte von meiner Crew Höchstleistungen und fordere dies auch ein. Manchmal verlange ich zu viel. Ich vertraue Menschen nicht. Menschen - nicht Klonen. Wobei…“ Seit ihrem XO, sieht es vermutlich anders aus. Maddy seufzt abermals. „Bis vor wenigen Jahren bestand mein Verhältnis zu Menschen nur darin, dass sie mir Befehle erteilten. Mehr nicht. Es entstand keine emotionale Bindung, nicht einmal ein kollegiales Verhältnis. Sie ließen es nie tun. Nur einmal, vor ein paar Jahren. Es war während einer Grundausbildung. Einer der Wissenschaftler hat sich heimlich mit einem weiblichen Klon eingelassen. Als es entdeckt wurde, versetzten sie den Wissenschaftler ans andere Ende der Galaxie und der Klon… Sie wurde entfernt.“
„Sie haben sie getötet?“
Maddy macht eine zustimmende Kopfbewegung. „Die Frage ist, was mit uns passiert, wenn der Krieg wirklich endet. Es gibt Gerüchte darüber. Klone haben keine Daseinsberechtigung. Wir können keinen Besitz erwerben, haben keine Menschenrecht.  Wir sind Eigentum der SOL. Wenn wir nicht mehr gebraucht werden, werden sie uns loswerden wollen.“
„Du bist doch jetzt ein Mensch.“
„Nur in ihren Unterlagen. Aber ich fühle mich nicht so.“
„Und deine Fehler“, frage ich nach einer kurzen Pause.
„Blut macht mir keine Angst – egal welche Farbe es hat. Selbst wenn es mein eigenes ist. Ich töte, weil ich dafür geschaffen wurde, weil ich es kann und weil es mir leicht fällt. Und manchmal,“ Maddy zögert, „bei jemandem, der es wirklich verdient hat, gefällt es mir sogar. Das bereitet mir am meisten Sorgen.“

 

 

24. Bist du eher spontan, oder hast du immer einen Plan?

 

„Beides. Es gibt immer einen Plan, wie ich an meine Mission rangehen. Aber Pläne gehen nie auf. Ich muss jederzeit bereit sein, davon abzuweichen und zu improvisieren.“
„Und privat?“, hake ich nach.
„Da gibt es keinen Grund zu planen.“

 

 

25. Wie gehst du mit Stress um?

 

„Ich halte ihn aus. Versuche möglichst fokussiert zu sein. Durchatmen hilft“, erläutert Maddy zügig. Ihre Aufmerksamkeit liegt auf einem Datenpad. Sie sitzt immer noch vor ihrem Schreibtisch und scheint die heutige Frage genauso schnell hinter sich bringen zu wollen, wie die gestrige.
„Verrätst du mir auch, in welchen Situationen du richtig gestresst bist?“ Ich lehne mich an die Kante des schneeweißen, hochglanzpolierten Schreibtisches. Ich will auch so ein Ding.
„Nicht in denen, die du denkst.“ Ein winziges Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen. „Auf Einsätzen bin ich meistens die Ruhe selbst. Egal, ob mir gerade Kugeln um die Ohren fliegen, oder eine ganze Raumstation hoch geht. Stress entsteht, wenn ich auf Einsätzen Leute verliere. Deswegen nehme ich nur noch die DDs (Defence-Droiden) mit.“
„Und wenn du doch wieder Leute mit nimmst?“
„Das wird nicht passieren…“ Maddy sieht auf, ihre Augenwinkel verengen sich. „Oder willst du das schreiben?“
Ich grinse. „Gut möglich. Ich dachte da an Ethan und Santos.“
„Der Lieutenant ist mein erster Offizier, das heißt, er bleibt auf dem Schiff, wenn ich es verlasse. Santos ist zu ungestüm.“
„Du brauchst noch eine Frau im Squad. Ich wäre für Ipps.“
„Sie ist meine Ingenieurin und für den Antrieb zuständig. Sie kann das Schiff nicht verlassen.“
„Außer ich ersetzte sie und gebe ihr eine Rolle in deinem Squad.“
„Es ist gut, genauso wie es ist. Das hier ist mein Schiff“, grummelt Maddy.
„Und meine Geschichte. Ich muss da noch was ändern. Oder ich brauche noch eine weitere Figur. Vielleicht eine Soldatin die etwas mädchenhafter ist, als du.“
„Mädchenhafter?“ Maddys Augenbrauen heben sich. „Dafür habe ich E.V.E.“
„Die ist eher ein Punk. Khayri wäre toll.“
„Sie fliegt das Schiff!“, erläutert Maddy mit Nachdruck.
„Auch wieder wahr… Oh, ich weiß was. Ich gebe dir eine Klixxen.“
„Ich will diese Insekten nicht auf meinem Schiff!“ Das ist nicht einmal eine Beleidigung. Die Klixxen sind tatsächlich eine insektoide Spezies.
„Aber sie sehen märchenhaft aus“, schwärme ich. Ein menschgewordener Schmetterlinge mit wunderschönen Verzierungen im Gesicht, leuchtenden Augen, spitzen Ohren und langen, geschwungenen Wimpern an den Augenlidern. Sie besitzen ein drittes Augenlid, eine Nickhaut, die sich milchig immer wieder über die leuchtenden Augen schieb. Es sieht am Anfang schräg aus, aber man gewöhnt sich daran. Sie bewegen sich fließend, wie Gewässer in einem Flussbett. Zugegeben, die drei Finger-Hände und die in die falsche Richtung gebogenen Knie sind… seltsam.
„Sie essen nur lebende Nahrung. Dann lieber ein Shyvari.“
„Dann war es das mit dem mädchenhaften.“ Shyvari sahen für menschliche Augen hässlich aus. Wie eine alte, geschrumpelte Pflaume in schlammgrau. Und sie wirkten immer etwas traurig.
„Sie sind gute Kämpfer und verpflichten sich auch für die SOL.“
Ich seufze. Mädchenhaft kann ich wohl abschreiben.

 

 

26. Welche drei Dinge würdest du mit auf eine einsame Insel nehmen?

 

„Die SVV Io.“
„Wie, das war´s?“
„Klar. Das Schiff hat alles, was ich brauche und ich kann damit wieder von der Insel verschwinden.“

 

 

27. Für was möchtest du in Erinnerung behalten werden?

 

„Gar nicht. Es ist nicht wichtig“, ist Maddys knappe Antwort.
„So überhaupt nicht?“
Maddy zuckt mit der Schulter. „Wichtig ist nur, dass das, was ich getan habe, einen Sinn hatte. Es das Richtige war und etwas verändert hat.“

 

 

28. Wie sieht Mut für dich aus? Was verstehst du darunter?

 

„Sich seinen Ängsten zu stellen.“
„Deine Antworten werden auch immer knapper“, beschwere ich mich.
„Ich habe viel zu tun.“
„Noch eine Frage“, bremse ich sie aus, „was war das Mutigste, was du je getan hast?“
„Noch ist das nicht passiert“, korrigiert mich Maddy.
„Stimmt, dann stelle ich sie anders: Was ist das Mutigste, was du je tun wirst?“
„Einem Menschen mein Vertrauen schenken… Vielleicht sogar mehr.“
„Wir reden hier von deinem Lieutenant!“, kichere ich und klatsche in die Hände. Maddy verdreht die Augen und versucht in Richtung Kommandodeck zu verschwinden.
„Er ist nicht MEIN Lieutenant.“
„Aber er ist DEIN erster Offizier.“ Ich folge Maddy und sie schnaubt, als sie mich abermals korrigiert.
„Er ist der erste Offizier auf der SVV Io.“
„Gib es zu, du magst ihn!“
„Vielleicht.“
Seufzend betrete ich das Kommandodeck. „Du hast jede Menge scharfe Ecken und Kanten. Das wird nicht leicht werden für den armen Lieutenant.“
„Du hast mich so geschaffen.“
Stimmt auch wieder.

 

 

29. Welchen Rat würdest du deinem Autor geben?

 

„Schreib ein Happy End!“
„Ich muss erst mal anfangen mit der Geschichte und bis zum Ende, passiert noch so einiges.“
Maddys Augenwinkel verengen sich.
„Schon gut. Ich schreib dir ein Happy End. Ich schreibe doch immer eines, auch wenn es einen bitteren Beigeschmack hat. Das sind die Besten.“
Maddys Augenwinkel verengen sich noch mehr.
„Ernsthaft? Du willst ein Happy End mit Flauschewölkchen, Zuckerguss und pinkem Glitzer oben drauf? Soll ich noch irgendwo ein Einhorn einfangen?“
„Das auch wieder nicht. Zu kitschig“, grummelt sie.
„Na, lass mich machen. Ich kann das.“
„Wollen wir es hoffen…“

 

 

30. Wenn du mit all deinen Abenteuer fertig bist, wie willst du Leben?

 

„Das ist in meiner Existenz nicht vorgesehen.“
„Sag mir, was du machen willst, wenn du die SOL verlässt, kein Kommando und keine Crew mehr hast, einfach nur Maddy bist.“
„Ich.. weiß es nicht. Es spielt sowieso keine Rolle. Uploaden sie mich nicht mehr, lebe ich nur noch ein paar Jahre. Mein Körper hat einen hohen Metabolismus, sehr viel höher, als der von einem durchschnittlichen Menschen. Er verbraucht sich schneller. Klone sind nur für eine begrenzte Lebensspanne geschaffen. 10-15 Jahre. Er sollte sich lohnen, aber es wurde nicht erwartet, dass jemals ein Klon so lange den Krieg überlebt.“
„Du wolltest doch ein Happy End, jetzt weiß auch jeder warum. Also, wenn du alt werden könntest. Was würdest du tun?“
„Was weiß ich“, grummelt Maddy und ich verdrehe die Augen. Anscheinend wünscht sich meine Protagonistin ein Happy End, weiß aber nichts damit anzufangen.
„Ich könnte bei der SOL Nahkampf- oder Waffentraining unterrichten.“
„Ist das dein Ernst?“
„Oder einen Waffenladen eröffnen. Das sind Dinge, mit denen ich mich auskenne.“
„Was macht dir außerhalb der SOL, dem Kämpfen und der Waffen Spaß?“
„Ich weiß nicht, ob ich ohne das alles leben kann.“
„Um das zu wissen, solltest du es ausprobieren. Also…“
„Das ist albern.“
„Jetzt sag schon!“
Maddy greift nach einer ihrer kleinen Topfpflanzen. Ein winziges Lächeln zupft an ihrem Mundwinkel. „Etwas mit Pflanzen?“
„Klingt doch wunderbar“, versichere ich und mache mir schon einmal eine geistige Notiz.
Maddys Lächeln vertieft sich.
„Und das machst du garantiert nicht allein.“ Ich betätige den Türmechanismus und Maddys Quartiertüre springt auf. „Ethan!“, schreie ich auf den Gang und der Lieutenant bremst ruckartig ab.
„Braucht ihr etwas?“, fragt er und bleibt irritiert vor der Türe stehen. Seine Blick huschen kurz durch Maddys Zimmer, dann zu seinem Commander und dann zu mir. Ihm ist nicht anzusehen, ob er angesichts dieser überwältigenden Anzahl an Pflanzen erstaunt ist.
„Deine Eltern haben doch diese Plantage auf dem Mars.“
Ethan legt die Stirn in Falten und nickt langsam. „Ja, es ist eine Obstplantage. Ursprünglich gehörte sie meinen Großeltern – mütterlicherseits. Es gehören auch noch mehrere Wiesen und Felder dazu, die meine Mutter mittlerweile verpachtet hat. Die Bäume sollten längst gefällt werden, aber aus Sentimentalität, lässt meine Mutter sie stehen.“
„Gefällt dir die Plantage?“
„Klar. Ich habe als Kind dort mitgeholfen. Es gibt nichts besseres für einen Jungen, als auf Bäume zu klettern. Warum?“
Ich spitze meine Lippen und mache eine beiläufige Geste. „Ach, nur so…“


 

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